In Tecate ginge alles sehr flott, hätten wir nicht immer einen Problemfall vor uns. Zuerst die Pässe dann nach draußen zur Bank wo ich gerne zehn Jahre für Wally hätte, was für Wohnmobile möglich ist.

Der Bänker möchte den Wagen persönlich in Augenschein nehmen und ist zufrieden, rüber zum Kopierladen und noch schnell eine Kopie der Einreisekarte machen, dann sind alle Papiere zusammen und ich brauche mich bei der nächsten Einreise nicht mehr um den Autopapierkram zu kümmern.

Wir verlassen Tecate relativ spät und kommen ins Dunkle, ein Platz muss her. Im letzten Licht entdeckt John eine Piste und wir finden nach ein paar hundert Metern einen annehmbaren Platz an der recht stark befahrenen Mex 3. Schon längst liegen wir im Bett, als wir draußen ein Auto mit Blaulicht wahrnehmen. Im selben Moment wird versucht die Hintertür zu öffnen die aber verschlossen ist.

John steigt aus und fängt mit den zwei Typen der Municipal Police an zu diskutieren, welche erstaunlich gut Englisch sprechen. Was wir hier machen? Schlafen natürlich. Das wäre verboten und bringt uns in den Knast, morgen früh müssten wir nach Tecate zurück und vor Gericht. Irgendwie kommt mir das furchtbar bekannt vor, nämlich vom schwarzen Kontinent. John bleibt ruhig und innerhalb von ein paar Minuten ist die Sache geklärt, er erhält ihre Handy Nummer, falls was ist und weg sind sie.

Dies Mex 3, auch als Weinroute bekannt, haut uns nicht vom Hocker und so landen wir am nächsten Tag schnell in Ensenada wo wir erst mal der Geldmaschine ein paar Pesos entlocken, ansonsten ist Touristen Nepp angesagt bedingt durch die hier anlegenden Kreuzfahrtschiffe. Der Wal Mart ist gut sortiert und wir begeben uns auf die Mex 1 bis wir bei Punta San Jacinto direkt am Wasser einen garantiert Bullen freien Übernachtungsplatz finden.

Um Rosario de Arriba wird es zum Übernachten deutlich entspannter, wir biegen auf die Piste Richtung Punta Catarina um einen langen, viele Tage dauernden Track zu fahren der auch unter dem Namen Seven Sisters bekannt ist. Was uns erwartet und ob wir umkehren müssen wissen wir nicht.

Der erste Übernachtungsplatz ca. zehn Kilometer von der Mex 1 ist traumhaft zwischen riesigen Saguaro Kakteen gelegen und auch am folgenden Tag fährt es sich ganz gut, dann folgen einige matschige Passagen, wir finden ein schönes Camp am Wasser was jedoch laut ist wegen der nahen schlagenden Wellen.

Wir setzen ausschließlich auf unsere Papier Karte die recht genau ist und kurven meist auf schmaler, ausgewaschener Piste immer nahe der Küste. Am Nachmittag finden wir einen schönen Wind geschützten Stellplatz nahe eines riesigen Strandes der übersät mit großen essbaren Muscheln ist, ich will es nochmal wissen, wir probieren ein paar, sie sind gut aber definitiv nicht unsere Lieblingsspeise. Die Piste entfernt sich etwas von der Küste, wird steinig aber breit, wir erreichen das bei Wellenreitern beliebte kleine Kaff Santa Rosalillita und fahren weiter die schmale Piste entlang der Küste wo wir ein großes Wal Skelett finden. John meint, da müsse was mit, schön wärs aber die Knochen sind einfach zu groß und die Amis werden auch nicht begeistert sein wenn wir damit an der Grenze erscheinen.

Kurze Zeit später entdecken wir einige Touristen Fahrzeuge, zurück in der Zivilisation. Wir campen am Wasser und ich kratze fünfzig Kilogramm getrockneten Schlamm aus den Radkästen und den Trittbrettern. Die Seven Sisters war eine tolle, abwechslungsreiche Strecke die kaum jemand befährt. Reichlich matschige Passagen und einige Abschnitte mit zugeschalteter Untersetzung waren zu bewältigen, außer einigen wenigen Fischern sahen wir niemanden.

In Guerrero Negro stocken wir Lebensmittel auf und fahren zum zehn Kilometer nordöstlich gelegenen Puerto Viejo wo sich im Vogelschutzgebiet eine Unmenge verschiedener Vogelarten tummeln. Wir übernachten dort auf der Landspitze bei Sturm der zum Glück gegen Mitternacht nachlässt, da haben unsere kalifornischen Nachbarn mit VW Bus und Klappdach schon längst das Weite gesucht.

Im kleinen netten San Ignacio biegen wir zur Laguna San Ignacio ab und verbringen dort ein unspektakuläres Weihnachten. Wale sind hier in der Bucht noch nicht aus zu machen und so fahren wir zurück zur Mex 1 nachdem wir vergeblich versucht haben über eine Piste entlang des Patrocinio Tals und Flusses über die Berge zur Mission de Guadalupe und weiter zur Mex 1 zu gelangen. Zwei Familien leben an der Piste und beide bestätigen uns, das diese weg geschwemmt wurde. Wir sehen die Zeichen der Fluten die sich hier durch gewälzt haben. John ist so frustriert, dass er die Einladung des netten Ziegen Bauern zu einem Kaffee ablehnt.

Über Santa Rosalia und Mulege nähern wir uns der Bahia Concepcion mit seinen türkiesen Buchten und angeblichen Traumstränden das Ziel vieler Camper. Hier merkt man mal wieder, wie anders wir sind. Auf uns wirkt das ganze wie ein Camping Horror Szenario anstatt Traumferien. Die Strände die diesen Namen eigentlich nicht verdienen sind nicht sauber, die Camper stehen dicht an dicht und so nah an der Mex, dass man den Auto Verkehr hört, für uns geht es gar nicht schlimmer. Etwas südlich biegen wir nach links auf die Piste Richtung Bahia San Nicolas und campieren dort direkt am Wasser. Am Morgen folgen wir der Piste nach San Sebastian welche sich als sehr schön aber eng und ausgewaschen präsentiert, von dort kehren wir zur Bahia Concepcion zurück und haben auf dem Weg zur Mex richtigen Strand, alles für uns allein.

Auch in Loreto ist es viel zu kalt plus starkem Wind. Wie immer halte ich es nur in Daunenjacke aus, das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Südlich biegen wir auf die Piste zur Bahia Aqua Verde die landschaftlich ihre Reize hat, wir campen unten auf der nett gelegenen Landzunge. Am Morgen vertreibt uns ein in die Bucht gelaufenes Mini Kreuzfahrtschiff deren Passagiere an Land strömen und eine Runde Reiten gehen. Laut einer unserer Karten soll es von hier eine Piste weiter nach Santa Marta geben, die National Geo Map zeigt dies nicht, wir holpern durch Flussbetten und über Müllhaufen in die einzige sinnige Richtung, eine Piste ist nicht mehr zu sehen und so drehen wir um. Laut Einheimischer im Ort geht da nichts, ein amerikanischer Hard Core Fahrrad Fahrer beweist das Gegenteil wie wir später erfahren aber Wally ist ja auch kein Fahrrad.

In Ciudad Constitucion begeben wir uns auf den Campingplatz und verbringen am Silvester Abend ein paar Stunden mit einem amerikanischen PanAm Radler Pärchen die extrem leicht, nur mit einem kleineren Rucksack auf dem Gepäckträger unterwegs sind was natürlich seine Vorteile hat, wenn man dann aber kalt eingeweichten Reis essen und auf das tägliche Heiß Getränk aufgrund Fehlens eines Kochers verzichten muss, würde es bei mir aufhören.

Ein paar leichte Böller und nette mexikanische Musik beim Nachbarn bis zum Morgengrauen, Hähne und Hunde stimmen mit ein, dann ist Silvester überstanden.

Wir biegen zwanzig Kilometer südlich von Constitucion nach Osten für eine nächste große Schleife ab die uns fast bis nach La Paz führen wird.

Im kleinen Kaff an der Mission San Luis Gonzaga feiert man noch tüchtig, die Stimmung ist angeheitert und freundlich. Am nächsten Tag geht es erst mal recht gut weiter bis Kilometer 70. Nachdem wir das aus ein paar Häusern, extrem abgelegene Kaff San Pedro de la Pesa passiert haben, geht es steil bergauf, die Piste wird sehr schlecht. Im Kriechgang mit Untersetzung fahren wir in die Berge wo sich uns grandiose Ausblicke auf eine Canyonartige Landschaft bietet bevor es wieder runter in den Canyon selbst geht, die bisher spektakulärste Strecke auf der Baja.

Auch am folgenden Tag passieren wir einige Ranchos, jedoch ohne jemanden zu sehen, die Piste bleibt spektakulär. Kurz bevor wir uns runter Richtung Meer winden, kommt uns ein Hilux mit kleiner Kabine aus Colorado entgegen. Sie meinen, sie könnten es nicht glauben, das ihnen ausgerechnet hier ihr Traumauto entgegen kommt. Wir erreichen die Küste bei Punta San Evaristo und finden etwas südlich einen riesigen Strand für uns allein. Auch heute wurde unsere Durchschnitts Geschwindigkeit von 15 Stundenkilometer nicht überschritten aber es hat sich gelohnt.

Die gut zu befahrene Piste folgt immer der Küste die von unberührten, sauberen Stränden gesäumt ist. Um dort hin zu gelangen folgen wir einfach einem Wasch (sandiges Trockenflussbett) und erreichen so die tollsten Strände. Leider tobt mal wieder der Wind auf Sturmstärke, doch letztlich finden wir noch ein Wind geschütztes Plätzchen.

La Paz gefällt uns, zumal wir einen Taco Stand entdecken, wo wir sofort Stammgast werden um uns jeden Tag die köstlichen Fisch Tacos zu genehmigen. Wir fahren nördlich zur Playa el Tecolote wo man schön stehen kann, wäre da nicht der gnadenlose Wind und viel zu kalt ist es auch immer noch.

Südlich von La Paz begeben wir uns auf die 286 um dann hinter San Juan de los Planes auf eine Piste ab zu biegen, die schnell wieder in Arbeit ausartet. Vor uns fährt ein Truck aus Britisch Columbia, ihnen wird es irgendwann zu viel, sie drehen um. Die Damen sehen auch nicht aus, als fänden sie es amüsant zu spät zum Abend Büffet zu kommen. Wir holpern weiter aufwärts und dann durch eine Art Canyon wieder abwärts und übernachten zwischen den Steilwänden in einem Wash direkt an der Piste.

Als ich am Morgen vom Toilettengang komme, sehe ich einen VW Passat in viel zu hohem Tempo vorbei rauschen. John meint, das wären irgendwelche Drogendealer, ich meine, das sind Touristen mit Leihwagen die entweder bald realisieren das sie dort nicht durch kommen und zurück gefahren kommen oder sie kommen halt gelaufen weil sie fest hängen. Letzteres ist dann der Fall. Wir sind grad beim Frühstück als einer angelatscht kommt. Amerikanischer Tourist, was sonst. Wir sagen das dauert, drücken ihm die Schaufel in die Hand und hoffen mal.

Als wir fertig sind läuft John zum Wagen um einen Blick drauf zu werfen. Schaufel nutzt nichts, sie liegen auf einem Stein auf. Wir fahren hin und John bringt Hilift und Sandbleche zum Einsatz, hebt den Wagen an und mit Hilfe der Bleche kommen sie unbeschadet und ohne das irgendwelche Flüssigkeiten auslaufen da runter. Die drei aus Colorado sind heil froh, sie wollten zum Tauchen nach La Paz und diese Strecke wurde ihnen als Abkürzung empfohlen. Das gibt wohl heute nichts mehr mit Tauchen aber immerhin können sie selbstständig zurück fahren und ohnehin war es ein riesiges Glück, das wir da unten im Wash übernachtet haben.

Die ganze East Cape Ecke zwischen La Ribera und San Jose del Cabo soll noch ursprünglich und unverbaut sein. Wir fahren ein paar Kilometer im Tiefsand am Strand und finden bei Las Lagunas eine ganze Reihe von Palapas direkt auf dem Strand, ein paar Villen gibt es auch aber wenn es so bleibt will man ja nicht meckern. Am Nachmittag kommen noch Erika und Bert aus der Schweiz, bereits kurz vor Deadhorse, Alaska getroffen und stellen sich ans andere Ende. John holt mal das Packraft raus und paddelt ein wenig, ich unternehme einen langen Spaziergang, denn, kaum zu glauben, es wird endlich wärmer.

Etwas südlich in einem Schutzgebiet ist der bei Campern so hoch im Kurs stehende Los Frailes Beach und wie kann es anders sein, für uns ist das definitiv nichts

Bei Bocca la Ardilla werden wir fündig, ein komplett unbebauter Strand für uns allein, da bleiben selbst wir mal etwas länger und sehen draußen die ersten Wale springen.

Etwas außerhalb vom netten San Jose finden wir, nachdem wir die Luft in den Reifen reduziert haben um durch den Tiefsand bergauf zu kommen, einen traumhaften Platz mit Blick auf die Bucht und beobachten einige Wale mit Nachwuchs.

Da unser Ersatzteile Paket in La Paz eingetroffen ist, machen wir uns über die 1 auf den Rückweg.

Auf dem Campingplatz Marantha gibt es Duschen und sogar Waschmaschinen, also der ideale Platz für John, um das Lenkgestänge einzubauen, am nächsten Tag wird gleich noch die ganze Schrankseite abgerückt und der Kabelsalat in Ordnung gebracht.

Wir begeben uns wieder nach Süden und biegen in El Prescadero nach Osten auf die Piste ab, die über die Sierra La Laguna bis nach San Jose del Cabo führt. Ein paar Stellen sind extrem ausgewaschen aber wir finden einen wunderbaren Platz zum Übernachten. Touristenhochburg Cabo taugt nur zum Einkaufen, immerhin finde ich bei Radio Shack ein Ersatzkabel für meinen Laptop.

Die ganze südliche Spitze der Baja ist definitiv die am schlimmsten zu gebaute Gegend. Entlang Betonburgen mit integrierten Golfplätzen begeben wir uns auf der Westseite wieder nördlich, finden noch ein paar nette, spärlich bebaute Abschnitte dafür reichlich mit Quads rum rasende Touristen, Limits gibt es hier wenige, was für eine Pest. Im netten Todos Santos, wo John auf einmal entdeckt das er digitale Karten auf seinem I Pod geladen hat, begeben wir uns wieder für viele Tage entlang der Küste in die Pampa, welches sich als eine der schönsten, abgelegensten und aufregendsten Routen entpuppen wird.