Pünktlich landet der volle Flieger in Halifax. Wally kam überpünktlich mit dem Frachter vor einigen Tagen an.

Es ist warm, über zwanzig Grad. Als ich in den öffentlichen Bus steige, fällt mir ein, dass eine zwanzig Dollar Note zu groß sein könnte. Richtig, der Busfahrer kann nicht wechseln, nimmt mich dann eben umsonst in die 40 Kilometer entfernte Stadt mit. Welcome to Canada!

 

Am nächsten Morgen geht es zum Agenten, alles ist so einfach und schnell erledigt, anschließend noch zur zuständigen Behörde, Stempel rein, fertig. Ich bin erstaunt, keine dämlichen Fragen, nichts, ich frage ob das wirklich alles ist. Yes, welcome to Canada!

 

Wally steht unversehrt im Hafen, alles bestens. Zwei Tage schufte ich auf dem Campingplatz um das Chaos einigermaßen in den Griff zu bekommen, zwischendurch nehme ich die Fähre von Dartmouth und kurve mit dem Fahrrad die City ab. Ein paar Bausünden gibt es, die Hafenpromenade ist nett, ein relaxtes Städtchen.

 

Die Fahrt geht hinüber an den berühmten Leuchtturm von Peggys Cove, hier haben sich offensichtlich sämtliche Touristen von Nova Scotia versammelt, ich wage mir nicht vorzustellen, was sich hier im Sommer abspielt. Nichts desto trotz ist der Leuchtturm nett auf den Felsen und vom Meer umtost gelegen.

Der Graves Island Provincial Park hat noch geschlossen. Macht nichts, auf dem Bootsparkplatz steht es sich auch gut und viel günstiger.

Nachts fängt es an zu regnen und soll den nächsten Tag auch nicht mehr aufhören. Nach dem Motto: ob Regen, Sturm und Wind, hinaus muß das Küstenkind, überwinde ich die Schranke und umrunde die kleine Halbinsel zu Fuß. Toll angelegte Campplätze gibt es hier, bei schönem Wetter ein Traum.

Auch Mahone Bay und Lunenburg, welches wunderbar mit seinen bunten Häusern her gerichtet ist, versinken im Regen.

Ich suche mir einen windgeschützen Parkplatz und koche heute drinnen.

Der Morgen verspricht Besserung, früh sitze ich auf der Klippe und genieße die Wolkenspiele.

Weiter geht es immer an der Küste entlang durch hübsche Dörfer mit bunten Holzhäusern. Teils mit fantastischen Wohnlagen, echte Lebensqualität, wenn das grantige Wetter nicht wäre!

Da ich schon lang nicht mehr in Berlin war, hat sich das auch gleich mit erledigt.

Ich biege ins Landesinnere ab in Richtung Kejimkujik National Park. Vorher versuche ich noch über eine Piste an den Mersey River zu kommen, was auch gelingt, doch ich finde absolut keinen geeigneten Platz zum Übernachten im dichten Wald, null, außer matschigen Pisten nix gewesen.

Der 380 Quadratkilometer große Park besteht aus viel Wasser und Wald, ist ein exzellentes Kanurevier und auch für Fahrradfahrer super wie ich am nächsten Tag feststellen darf.

Das Wetter ist ein Sommertraum, die Biketrails auch, ich sehe viele der  lustigen Weißwedelhirsche die komische Geräusche von sich geben und bei der Flucht ihren schneeweißen Schwanz senkrecht stellen.

Lonley Planet schreibt über den Park: es gibt Stechmücken so groß wie Kolibris und aalähnliche Blutegel in den Seen.

Ersteres kann ich bestätigen, zweiteres meide ich. Die Moskitos sind wirklich wie wild und auf dem Goldrush Trail kann man keine Minute stehen bleiben. Merkwürdigerweise meiden sie das Autoinnere eher, so das ich Nachts meine Ruhe habe.

Am dritten Tag schlägt leider mal wieder das Wetter um. Erfahrung bisher, wenn es einmal regnet, dann regnet es.

Ein herrlicher Einstieg in die Natur Canadas den ich trotz Mozzies (Stechmücken) extrem genieße, denn gegen die Plage in Alaska ist das hier Kindergeburtstag!

 

 

 

Dauerregen, deshalb verlasse ich den Park und fahre zu einem der ältesten europäischen Siedlungsgebiete Canadas, Annapolis Royal.

Der kleine Ort ist mit seinen vielen gut erhaltenen Häusern und dem Fort Anne, einen National Historic Site, ein Hingucker. Schlachten zwischen Engländern und Franzosen wurden hier geschlagen, heute ein friedliches Dorf mit 400 Einwohnern und einem bewundernswert herrlichen englischen Rasen rund um das Fort und den Erdwällen, wo man sich am liebsten drüber kugeln würde, wäre er nicht so nass.

 

Weiter geht es über Digby und Richtung der im Reiseführer hochgelobten Landzunge Digby Neck.

Ich merke jedoch schnell, dass man meist durchs Landesinnere fährt und da man den selben Weg zurück fahren muss, breche ich die Aktion ab und übernachte in einem Provincial Park am Wegesrand auf dem Parkplatz.

 

Der Regen hat aufgehört und den höchsten gemessenen Tidenhub der Welt mit über 16 Metern, darf ich mir als eine, zu deren Leben Ebbe und Flut gehörten wie für andere Menschen U-Bahn fahren, natürlich nicht entgehen lassen.

Burntcoad Head am Minas Basin gelegen bietet dies, inklusive einer tollen Küstenszenerie und einem ruhigen Übernachtungsplatz.

Abends latsche ich bei Ebbe am Strand unterhalb der roten Klippen entlang, nachdem ich nachmittags das Hochwasser bewundert habe. Beeindruckender jedoch finde ich es ein Stück weiter an einem anderen Strand, sowie Landeinwärts, wo nun die Nebenarme (wir nennen so was Priel an der Nordsee), derart trocken gefallen sind, wie wir es mit nur ein paar Metern Unterschied Zuhause nicht kennen.

Da weiterer Dauerregen einsetzt, begebe ich mich auf die zweispurig ausgebaute Autobahn auf dem schnellsten Wege nach Cape Breton Island, ganz im Norden Nova Scotias.

Kurz hinter dem Damm der hinüber führt, finde ich einen friedlichen Parkplatz direkt am Meer und abends zieht der Regen ab und ward danach für sagenhafte neun Tage in Folge (fast) nicht mehr gesehen!

An einem alten Friedhof, hoch über den Klippen lege ich mich am nächsten Tag erst mal stundenlang in die Sonne und beobachte wie die Hummerfischer ihre Fallen einholen, die meisten Hummer scheinen zu klein und landen wieder im Wasser.

Zwei Wochen haben sie die Sonne nicht mehr gesehen in Cheticamp, am Eingang des Cape Breton Highlands National Park, erzählt mir der Tankstellen Besitzer.

Die nächsten vier Tage genieße ich den Park, laufe viele Trails ab und schwinge mich auch aufs Rad. Die lästigen, stechenden Blackflies sind hier und da zwar nervig aber was solls, der Planet brennt.

Ich sehe und höre erstaunlich wenig Vögel, einmal von weitem einen Kojoten. Die Tiere sind hier in Verruf geraten, nachdem eine Frau von ihnen getötet wurde und ein Kind angegriffen, ungewöhnlich.

Der Jacks Pine Trail an der Ostküste des National Parks hat einen tollen Querschnitt der hiesigen Botanik zu bieten und gefällt mir sehr. Selten habe ich so viele verschiedene Grüntöne gesehen, einfach fantastisch. Das es hier häufig feucht ist, beweisen die mit Moos behangenen Bäume.

Früh morgens umlaufe ich den Warren Lake, ganz leise. Völlig unerwartet steht plötzlich eine Elchkuh ein paar Meter entfernt vor mir. Wir sind beide extrem überrascht und starren uns zwei Sekunden an. Dann stürzt sie sich in den nahen See und ist so schnell weg wie sie dort stand.

 

Leider erwischte ich letztens ein besonders ekliges Brot. Normalerweise schmeiße ich keine Lebensmittel weg und spielen kann man ja auch mit was anderem aber diese Pampe musste leider ungegessen in die Tonne. Vorher jedoch kann ich mir nicht verkneifen, es zu verformen und eine Runde Bowl auf dem Parkplatz zu spielen.

 

Ich verlasse den Park bei regelrechter Hitze und werfe noch einen Blick auf das fantastisch auf einer Halbinsel gelegene Keltic Hotel. Nichts für eingefleischte Outdoorer aber vielleicht ja mal, wenn man den Gaskocher nicht mehr angeschmissen kriegt oder den Monster Reifen gewechselt?!

Was der National Park nicht bieten konnte, jedenfalls mir nicht, nämlich Weißkopfseeadler, gibt mir der riesige Binnensee mit Meerzugang, der Bras d`dor Lake.

Spontan biege ich auf eine Schotterpiste von der viel befahrenen Hauptstraße an einen Nebenarm des Sees ab und finde nach kurzer Suche einen kleinen direkt an der Piste gelegenen Platz, wo ich vom Liegestuhl aus einige der fantastischen Vögel bis in den Abend hinein beobachten kann. Offenbar bieten der See und das Umland optimale Lebensbedingungen.

 

Ein penetranter Fischgeruch hängt über North Sydney, dem Sprungbrett nach Neufundland. Nachdem alle Einkäufe und sonstige lästige Dinge erledigt sind, begebe ich mich zum Hafen und bekomme ein Ticket für den nächsten Tag.

 

Nova Scotia hat mir saugut gefallen. Der Osten von Canada ist natürlich nicht mit dem Westen vergleichbar. Nach sechzehn Jahren Canada Abstinenz ist es absolut grandios zurück in einem meiner Lieblingsländer zu sein.

 

Es gibt Dinge, die ändern sich anscheinend nie, ist schön so was!

Es gibt sie immer noch, die guten alten Toploader und in 26 Minuten ist schon alles erledigt! (Wasch/Rührmaschinen)

Man braucht manchmal viieel Zeit an der Supermarktkasse und es gibt immer noch viieele Plastiktüten!

Fußgänger sind hochgeachtete VIP im Straßenverkehr!

Nimm ihnen den Aufsitz Rasenmäher weg und sie werden das Wochenende nicht überleben!

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