British Columbia empfängt uns Ende April mit herrlichem Frühlingswetter und wir begeben uns ein Stück Nordwärts und dann immer westlich auf einer etwas anderen Route als die, die ich letzten Herbst fuhr.

Da es sehr früh in der Saison ist, wachen grad mal alle auf und so finden wir nördlich von Cherryville am Sugar Lake ein herrliches Plätzchen am See wo noch nicht kassiert wird und holen natürlich unsere Boote heraus. Die Temperaturen sind mittlerweile auf 30 Grad gestiegen und in Kelowna steht schon alles in Blüte und das Gras wird gemäht.

Über Merritt geht es nach Vancouver, wo Wally endlich den Auspuff geschweißt bekommt und ein Satz neuer Bremsbeläge fällig ist.

In nördlicher Richtung verlassen wir die Stadt und finden am Rande des herrlich gelegenen Sqamisch am Cheakamus River einen Platz. Am nächsten Morgen packen wir die Boote in den Rucksack und laufen stromaufwärts um zum Wagen zurück zu paddeln, der Fluss bietet hier Wildwasser Stufe 2, also genau das Richtige, um uns weiter mit unseren Packrafts vertraut zu machen. Wir haben unseren Spaß und John läuft mehrfach zurück um immer wieder die gleichen Stromschnellen zu paddeln.

Die Frage kommt auf, wie es denn weiter Stromabwärts aussieht, wir reden mit mehreren Einheimischen die WW Stufe 2 bis 3 angeben.

Am nächsten Morgen setzten wir die Boote direkt am Wagen ins Wasser, ich habe mittlerweile richtig Geschmack am Wellenreiten gefunden bis wir flott um eine Kurve biegen und vor uns eine Engstelle auf rechter Seite von einem Felsen begrenzt auftaucht, durch die das Wasser in hoher Geschwindigkeit über eine Stufe abfällt. Zum Anlanden ist es zu spät, ich schaue dem Unvermeidlichen ins Auge. John rauscht vor mir auf die Stelle zu, schafft es als alter Kajaker das Boot richtig zu belasten und stößt sich mit der rechten Hand vom Felsen weg, alles geht wahnsinnig schnell. Ich schaffe das nicht, rase auf den Felsen zu, knalle dagegen und fliege anschließend die Stufe hinunter, natürlich ohne Boot. Ich ringe um Luft und kralle mich ans Paddel um es ja nicht zu verlieren, komme kurz darauf in ruhigeres Wasser und kann mich an einen Baumstamm am Ufer klammern, John hat es geschafft das Boot einzufangen und kann es mir rüber schieben, dann ist er um die nächste Ecke verschwunden. (Mitschnitt unter Videos) Ich überdenke kurz meine Situation und springe wieder ins Boot, John ist gerade dabei sein Raft zu verlassen als ich ihm schreiend zuwinke, er staunt nicht schlecht. Weiter geht es durch unruhiges Wasser bis mir zehn Minuten später so kalt wird, das Schluss mit Lustig ist. Linker Hand gibt es nun flache Ausstieg Möglichkeiten die allerdings über Privatgrundstücke führen bevor man die Straße erreicht.

Ich reiße mir die Klamotten vom Körper und ziehe dank wasserdichter Verpackung trockene an. Das Wasser hat Anfang Mai noch nicht gerade Badetemperatur aber dank eines kleinen Stausees im oberen Bereich ist es mit ungefähr zehn Grad wenigstens erträglich, damit habe ich hier in B.C. sicherlich die Badesaison eröffnet. Wir latschen zur Straße und sind lustigerweise genau auf dem Grundstück des Deutschen gelandet, der uns vorgestern zum Bier eingeladen hat.

Von Pemberton möchten wir gern die Piste nach Gold Bridge fahren, ein Einheimischer versichert uns, das dort oben kein Schnee mehr liegt, wir kurven also hinauf um dann auf 1200 Metern im Schnee zu stehen, dicht, hier geht noch lange gar nichts.

Über Lillooet, wo zu meinem großen Bedauern der deutsche Bäcker schon lange zu gemacht hat, nehmen wir eine Piste Richtung Big Bar und Gang Ranch, hoch über dem trockenen Fraser Valley gibt es keinen Schnee mehr aber dafür wo er vor kurzem erst weg getaut ist, ekligen, rutschigen Matsch. Wir überqueren den Fraser mit einer kleinen kostenlosen Seilzug Fähre, der Ferrymen hat hier einen absolut einsamen Job und wohnt auch direkt vor Ort um den ganzen Tag aus dem Fenster zu gucken, ob jemand übersetzen möchte. Kurz vor Williams Lake erreichen wir wieder Asphalt, etwas weiter nördlich würden wir gern wieder den Highway verlassen und eine Piste über Likeley nach Barkerville fahren, die Meinungen der Einheimischen sind unterschiedlich, ob das wegen Schnee möglich ist. Bei Likeley machen wir einen Abstecher zum alten historischen Goldgräbertown Quenel Forks mit schönem kostenlosen Campground am Fluss, weiter geht es nicht mehr, noch mindestens einen Monat ist die Piste zu bis sich der Schnee verzogen hat. Wir fahren zurück, gelohnt hat es sich trotzdem, wir sehen sehr viele Schwarzbären mit ihrem noch sehr kleinen Nachwuchs.

Wir erreichen Prince George wo alle Lebensmittel aufgestockt werden, es sind nur schlappe 1600 Kilometer bis Whitehorse, wieder super warmes Wetter, wir paddeln einen Tag im schönen Eskers Provincial Park der aus vielen Seen besteht die man durch kurze Portagen erreicht.

Immer weiter auf dem Yellowhead Highway, wir machen einen Abstecher nach Prince Rupert an die Küste,es ist regnerisch und kalt aber die Strecke lohnt sich allemal.

Weiter geht es nach Norden, wir erreichen den Cassiar Highway, mittlerweile vollständig asphaltiert, bedauerlich, bei meinen letzten beiden Fahrten hier hoch war es Schotter und noch so was wie eine Abenteuerstrecke. Auch über einen Abstecher ins wilde Spatsizi Plateau brauchen wir gar nicht nachzudenken, wir sind einfach zu früh dran und der Schnee macht uns überall in höheren Lagen einen Strich durch die Rechnung. Wir sitzen zu viel im Auto, fahren zu viel, hätten wir bloß die Fahrräder nicht eingelagert.

Dank eines hervorragenden Atlas des nördlichen B.C. können wir die zahlreichen kostenfreien toll gelegenen kleinen Campsites ansteuern. Heute fahren wir zum Derrick Lake, John schmeißt abends um Zehn mal die Angel ins Wasser, die Forellen beißen wie verrückt, er zieht eine nach der anderen raus und entlässt sie alle zurück in den See, ich fasse es nicht.

Am nächsten Tag an einem anderen Platz, steht ein deutsches Wohnmobil, ob wir hier übernachten hängt davon ab, ob die einen Generator dabei haben, als ich das Kennzeichen sehe traue ich meinen Augen nicht, zwar nicht WTM aber WST, ich lerne Uschi und Peter aus Rastede kennen, sie haben keinen Generator aber ein großes aufblasbares Boot da Peter der große Angler ist, die beiden Siebzigjährigen sind gut drauf und haben für neun Monate nach Nordamerika verschifft. Peter kann es nicht glauben, als ich von Johns unverzeihlichem Verhalten am Derrick Lake erzähle.

Schon am nächsten Abend lerne ich den nächsten Norddeutschen kennen, auf einer weiteren schönen Recreation Site kommt Uwe aus Bremen mit seinem ziemlich neuen GMC angefahren, er verbringt als Frührentner regelmäßig die Sommer hier oben, ein echt netter Bremer der seine Camouflage Hose in den Müll wirft und sich wieder zivil anzieht bevor seine Freundin nach Whitehorse angeflogen kommt, blöd nur, das er völlig vergessen hat wann ihr Ankunft Termin ist, er muss dringend ein Telefon auftreiben.

Am 25 Mai erreichen wir den Yukon, für mich ein Meilenstein, geschafft, nach all den Jahren zurück im wahren Norden wo ich schon so viel Zeit verbrachte. Für viele ist es nur eine Durchreisestation nach Alaska, für Paddler und Liebhaber der Einsamkeit ein Ziel für sich, vor allem deutsche Wildnis Freaks lieben den Yukon, bietet er doch unendliche Möglichkeiten sich mit dem Kanu oder Kajak in die Wildnis abzusetzen und einen der unzähligen relativ leicht zugänglichen Flüsse zu befahren, von schwierig bis einfach, von kurz bis zu wochenlangen Expeditionen gibt es alles was das Herz begehrt. „Larger than Life“, den Spruch hat sich der Yukon mittlerweile auf die Fahne geschrieben. Wir fahren nach Watson Lake, um mal durch zuzählen, wie viele neue Schilder hinzu gekommen sind.

Mein Ursprungsplan, den South Mc Millan mit den Packrafts zu befahren, schminke ich mir schnell ab, zu viel Wasser, die Schneeschmelze ist zugange und damit ist dieses Unternehmen zu gefährlich.

Am Marsh Lake ist auch noch nicht alles aufgetaut, der Robert Service Campground hat aber schon offen und wir gönnen uns mal wieder eine schöne Dusche, besichtigen die schön her gerichtete Klondike und tun etwas außerhalb ein nettes Übernachtungsplätzchen auf. Wir treffen Holländer mit einem schönen 78er.

Whitehorse, die Hauptstadt, besteht aus 27700 Leuten, die zweitgrößte Ansammlung ist Dawson City, knapp 2000 gefolgt von Watson Lake, 1400 Einwohner, insgesamt hat der fast 480 Tausend Quadratkilometer große Yukon rund 36 Tausend Einwohner und ist nur die acht größte Provinz. Frostfreie Tage gibt es im Schnitt in Whitehorse 82 pro Jahr, durchschnittlich minus 15 bis 25 Grad im Winter, anderswo auch gern mal bis Minus 50, das Küstengebirge in Alaska hält den meisten Regen vom Yukon fern, der dadurch weniger abbekommt als Phoenix, Arizona. Im Januar gibt es viereinhalb Stunden Tageslicht, im Juni dafür 21. Die Angel Lizenz für die Saison ist mit 35 Dollar immer noch extrem billig.

Was tun? Wir beschließen nach Haines Junction zu fahren um eventuell schon in den Kluane National Park vordringen zu können aber es geht nur weiter unten, in der hoch aufragenden Bergwelt wo sich auch der höchste Berg Kanadas, Mt. Logan mit knapp 6000 Metern versteckt, ist vor Mitte Juli kein Durchkommen, im Visitor Centre erzählt man uns, das die Tombstones am Dempster Highway schon schneefrei wären, das sind nur schlappe 600 Kilometer, wir haben die Nase gestrichen voll vom Autofahren und wollen endlich Action, also zurück nach Whitehorse.

Wir befragen mehrere Outfitter wie die Lage denn auf dem Yukon und dem Teslin River ist. Der Yukon ist machbar, sogar der Lake Laberge den man durch paddeln muss wäre schon eisfrei, wir wollen aber den Yukon nicht, zu breit.

Beim Teslin hat angeblich das Hochwasser noch nicht eingesetzt, den habe ich zwar schon befahren aber lang ist es her. Wir kaufen Futter für zehn Tage ein, das Buch mit der genauen Beschreibung des Teslin, lassen den Wagen am Flughafen zurück und stellen uns an einem regnerischen, kühlen Tag an den Alaska Highway und halten die Daumen bzw. das Schild raus. Unser Ziel ist das hundert Kilometer entfernte Johnsons Crossing, dem Einsatzpunkt zu einer Fluss Befahrung, wie wir sie niemals erwartet hätten und die uns den Rest unseres Lebens in eindrücklicher Erinnerung bleiben wir