In Lachute stocke ich den Biervorrat auf, zwanzig Dosen Molson für zweiundzwanzig Dollar, so billig wird es nicht wieder.
Schon bald nähere ich mich der Hauptstadt, und obwohl es dort interessant aussieht, verlasse ich Ottawa gleich wieder, um in das riesige Ontario einzutauchen.
Alles ist Farmland, Privatgrund, und obwohl diese Gegend hier leer ist gegen das südliche Ontario, sehe ich meine Felle für einen guten Übernachtungsplatz schon davon schwimmen. Doch zur richtigen Zeit taucht ein Staatsforst auf, in dem ich einen super Platz finde, um die Nachmittagshitze im Schatten hinter dem Wagen aus zu sitzen.
Der Diesel wird hier schon deutlich billiger, 1,23 Dollar/Liter, also im Schnitt zehn Cent weniger als weiter im Osten.
Ich steuere den Algonquin Park an. Da es sich um einen Provincial Park handelt, gilt der Nationalpark Pass nicht. Sobald man von der Hauptstraße abweicht, werden sechzehn Dollar Eintrittsgebühr fällig, das ist happig aber ein Tag muss schon sein.
Ich verbringe ihn mit kleineren Wanderungen und genieße die Wald und Seen Landschaft bei dreißig Grad, koche mir mein Abendessen im Park und fahre kurz vor Dunkelheit raus, um direkt hinter der Parkgrenze zu nächtigen.
Dann stoße ich wieder auf den Trans Canada Highway, auf dem es wie immer Verkehrsreich zugeht, der aber oft zweispurig ausgebaut ist, so dass mich die Trucks überholen können. Es wird sehr schwer, weit genug vom Highway wegzukommen um dem Lärm zu entgehen, Übernachten ist aber kein Problem, hier gibt es genug Wälder, in die man verschwinden kann.
Ich erreiche den Ersten der großen Seen, Lake Huron. Auf kanadischer Seite sind die Seen angenehm ursprünglich ohne Industrie. Ich biege südlich nach St.Joseph Island ab, wo die Engländer einst das westlichste Fort errichteten. Heute ist es ein National Historic Site und obwohl nicht viel mehr als ein paar Ruinen Reste zu besichtigen sind, lohnt allein die Fahrt hier her um den riesigen See bei einem Spaziergang zu genießen. Ich sichte sogar zwei Weißkopfseeadler und die Wälder sind wie im restlichen Ontario, einfach prächtig.
Die Insel ist so bewaldet, dass es unmöglich ist, irgendwo eine Übernachtung zu finden, außerdem ist wie immer alles Privat.
Ich fahre bis Sault St. Marie, eine größere Stadt, wo ich zufällig einen großen, ruhigen Parkplatz finde.
Am nächsten Tag erreiche ich den gigantischen Lake Superior, eines der größten Süßwasser Reservoirs der Erde und zudem ein wunderschöner See mit herrlicher Landschaft. Das Campieren am See außerhalb des teuren Provincialparks scheitert jedoch. Ich fahre einige vielversprechende Wege Richtung See, die alle bei Privathütten enden.
Kurz vor Wawa finde ich an einem Wasserfall einen herrlichen Platz ohne Straßenlärm.
Am nächsten Tag steuere ich den einzigen National Park weit und breit in Ontario an, Pukaskwa, und unternehme eine Tageswanderung zu einer Hängebrücke die über eine Schlucht gespannt ist.
Als ich in Thunder Bay aus dem super Canadian Super Store komme, steht neben Wally ein Mitsubischi mit Schweizer Kennzeichen, die beiden sympathischen Insassen tauchen wenig später auf und ich erfahre, dass sie am ersten Januar gestartet sind und schon zwei Verschiffungen hinter sich haben, nämlich nach Südamerika und von dort nach Montreal, im Oktober soll es schon nach Neuseeland weiter gehen und in zwei Jahren die Welt umrundet sein, was für ein Horror!
Die Hitze ist nach wie vor enorm, so dass ab Mittag die Klimaanlage läuft. Die ganze Gegend um Kenora scheint aus Fishing und Hunting Lodges zu bestehen und da es ja schon Florida Klima hat, tauchen auch noch Pelikane auf.
In Kenora regnet es, ich finde einen super Waschsalon mit Frontloadern. Kurz darauf ist die Grenze zu Manitoba erreicht und das Wetter klart bald auf.
Fünfundvierzig Kilometer vor Winnipeg taucht der sehr großzügig angelegte Highway plötzlich aus dem Wald in die Ebene mit nur noch vereinzelten Waldinseln. Damit ist Verstecken vorbei. Ich biege nach St.Anne ab und finde an einem Sportplatz einen guten Parkplatz für die Nacht, bis nachts um zwölf die Obrigkeit an die Tür klopft. Ohne auch nur Guten Abend zu wünschen, behauptet sie, ich bräuchte ein Spezial Permit um mit diesem Kennzeichen durch die Gegend zu fahren. Hin und Her und viel Blabla, irgendwann, als ich mich schon schwer zusammen reißen muss, fällt das Wort Versicherung. Jaja, die hab ich natürlich, so ein Idiot. Die Papiere fliegen allerdings irgendwo beim Versicherer rum, ich biete ihm stattdessen meinen Pass an. Das US Visum scheint zu beeindrucken. Nach zehn Minuten Geplauder mit diesem Typen von meinem Bett aus durch die Sandbleche, wünscht mir zumindest der Kollege eine gute Fahrt, hier zu Übernachten, ist übrigens überhaupt kein Problem! Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass mir soviel geballte Kompetenz auch mal irgendwo in den Staaten über den Weg läuft.
Am nächsten Tag schaue ich mich ein wenig in Winnipeg um, kann der Stadt aber nicht viel abgewinnen und biege in Brandon nach Norden zum Riding Mountain National Park ab.
Wie immer, komme ich mir ohne Wald ziemlich „nackt“ vor. Keine Chance hier irgendwo zu verschwinden, alles schön aufgeräumt und landwirtschaftlich genutzt, da kann man auf eine der schnurgeraden Pisten abbiegen und fahren bis der Tank leer ist, ohne, dass sich auch nur eine Parkbucht auftut.
Ich schaffe es trotzdem, kurz vorm Park auf einem Wirtschaftsweg einen guten Platz zu ergattern und bin am Morgen früh im Nationalpark. Leider nicht früh genug, um die Bisonherde zu sichten, die hier in einem abgezäunten Areal lebt. Der Park selbst ist ein wahres Kleinod mit wunderbaren Wäldern und viel Platz inmitten der Prärie.
In relativer Nähe zum Park, schaue ich ich mir die Inglis Elevators an. Hier hat man einige renovierte Getreidespeicher, welche früher ein typisches Bild der Prärie entlang der Eisenbahn Schienen darstellten, schön renoviert aufgestellt,aus Holz, heute sind sie den modernen, viel weniger pflegeintensiven Stahlbehältern gewichen und sind damit schon fast Historisch.
Schon ist eine weitere Provinz in Sicht. Saskatchewan. Eine Änderung der Landschaft gibt es nicht,
„ Land of Living Skies“, stimmt. In Regina macht das Tanken Spaß, 1,16 Can. Dollar der Liter. Tiefststand ist 1,12 Dollar!
Allein der Name muss einen zum anhalten bewegen, Moose Jaw, (Elch Kiefer), ich finde einen ruhigen Platz am Sportplatz ohne Polizei Belästigung und spaziere am nächsten Tag die Wandbilder des Städtchens ab, nett.
Es geht recht flott voran und ehe ich mich versehe, bin ich in der Provinz meiner Träume, Alberta.
Ich kann die Berge förmlich riechen, da will ich hin, da will ich sein.
Doch Wally macht mir einen Strich durch die Rechnung. Der Zieleinlauf meiner Trans Canada im Waterton National Park ist getrübt.Wally bockt wie ein Wildpferd und qualmt wie ein Kettenraucher. Mist, ich habe es kommen sehen aber gehofft, es geht noch ein paar Wochen gut, bis ich eine Fachwerkstatt in Vancouver anlaufen kann. Kaum bin ich drin im Park, bin ich auch schon wieder draußen. Eine Odyssee nach einer kompetenten Werkstatt beginnt. Über Umwege, Calgary mit arroganten Typen ist nur einer davon, lande ich wieder in der Prärie bei Taber Diesel. Die Jungs sind klasse und haben Ahnung. Nach einer für mich nervigen Woche, lösen sie das Problem in zwei Stunden. Der Zahnriemen war nicht mehr dort wo er exakt sein soll, es wird eine Schraube installiert und alles ist wie weg geblasen. Wer Probleme mit seinem Diesel hat, Taber Diesel in Taber.
Während einer in Calgary meint, das Problem gelöst zu haben, begebe ich mich auf Probefahrt Richtung Osten nach Drumheller. Die sogenannten Badlands sind nett anzusehen. Außerdem befindet sich hier eines der besten Dinosaurier Museen der Welt. Obwohl ich kein ausgesprochener Fan dieser Tierchen bin, investiere ich die elf Dollar Eintrittsgebühr und werde nicht enttäuscht. Man hat jede Menge Funde in der unmittelbaren Umgebung gemacht und was man hier toll präsentiert zu sehen bekommt, sind keine nachgebauten Plastiksaurier sondern größtenteils original zusammen gesetzte oder komplett erhaltene Skelette. Da gibt es alles, vom Vogelartigen Leichtgewicht über gigantische Wal ähnliche Wasserbewohner und die furchteinflößenden Riesenviecher. Wo kann man schon mal einen original Saurierknochen der siebzig Millionen Jahre alt ist anfassen? Hier kann man locker den ganzen Tag verbringen, ein beeindruckendes Stück Zeit und Erdgeschichte. Die Dinos verschwanden ja ziemlich plötzlich aufgrund von Klimawandel wie man meint. Ich glaube, der Menschheit wird es ähnlich ergehen, allerdings wird das nicht so spurlos sein, sie wird eine geschundene Erde zurück lassen.
Ganz Drumheller reitet auf der Dinowelle und die Plastikkameraden gibt es natürlich auch, sie sind in der Stadt verteilt. Der Größte seiner Art steht am Besucherzentrum, irre groß überragt er den ganzen Parkplatz.
Die Gegend hat viel zu bieten, auch gibt es einige Hodoos zu besichtigen. Einzeln stehende Säulen aus Kalksandstein mit einer festeren Schicht obenauf die sie vor Erosion schützt. Ich finde einen tollen Übernachtungsplatz zwischen den bunten Bergen und man kann sich gut vorstellen, wie die Saurier hier rum getobt sind. Doch vor siebzig Millionen Jahren herrschte hier ein Klima, wie heute in den US Südstaaten, es war sumpfig, feucht und grün.
Als ich im nicht gerade attraktiven Taber das Wochenende aus sitzen muss, klopft Anthony an die Tür. Er lädt mich auf einen Kaffee in sein Haus etwas außerhalb ein, redet viel, und ist sehr hilfsbereit. Nachdem wir seine gescheiterten Ehen durch haben, Immobilen Maklerin geht gar nicht, steht eine Stunde morgens im Bad, seine Firma, seine Lebensgefährtin, ist kaum da, Krankenschwester, seine Pläne, sein Engagement für die Krebshilfe und seine zwei beinahe Todesfälle, telefoniert er. Sein Gesprächspartner meint, ich solle lieber nach Lethbridge zu VW mit dem Problem. Anthony will Wally kostenlos über seinen Automobilclub abschleppen lassen. Ich lehne ab, hat mir diese Werkstatt doch ein Landrover Spezi wärmstens empfohlen. Man sollte zwar genau hin hören was die Einheimischen erzählen aber sehr sorgfältig die Entscheidungen abwägen. Anthony versichert mir, jederzeit anrufen zu können wenn ich Hilfe brauche und auch bei ihnen stehen zu können. Vielen Dank dafür!
Nachdem schlussendlich in Taber das Auto wieder flott gemacht wurde, steht dem Zieleinlauf im Waterton Nationalpark ganz im Süden an der US Grenze zu Montana nichts mehr im Wege. Nach viertausend Kilometern und zweieinhalb Wochen zwischen Montreal und Calgary quer durch dieses unvorstellbar große Land, bin ich am Ziel. Den Rocky Mountains.....