Nördlich von Todos Santos verläuft die Piste immer sehr nah des völlig unbebauten Endlos Strandes den man auch direkt befahren könnte. Hier nisten zeitweise Schildkröten und ab und an heizt mal jemand über den Sand, sonst ist Ruhe, außer dem allgegenwärtigen Wind natürlich.
Am nächsten Tag passieren wir auf zunächst perfekter Piste ein Naturschutzgebiet, dann zwei im Nirgendwo platzierte Hütten und ein völlig von Rindern überweidetes Gebiet um dann Richtung Strand eine sehr schmale ausgewaschene Piste vorzufinden die wir mit Sandblechen präparieren müssen nachdem wir keine Alternativ Route finden, ansonsten bestünde die Gefahr, dass wir mit dem schweren Heck auf dem weichen Untergrund einfach weg brechen und weiter unten unsanft landen.
Wir schaufeln und legen die Bleche, ich zeige John an, das er in der richtigen Spur ist und sehe plötzlich das sich der ganze Boden bewegt als Wallys Hinterteil über die Bleche fährt. John gibt Gas, grad nochmal gut gegangen.
Tags darauf schürfen wir durch eine enge Pinien Allee als wir plötzlich vor einem fragwürdigen matschigen Flussbett stehen. Fragen stellen sich aber gar nicht, da dort ein Quad fest steckt. Von hinten kommt schon der amerikanische Besitzer mit einem Seil in der Hand angerannt, er campt hier in der Nähe, schnell ist die Sache erledigt und das Teil raus gezogen, wir müssen kehrt machen und über den weichen Strand. Der Quad Ami hilft uns den richtigen Ausgang zu finden. Immer weiter parallel des mindestens hundert Kilometer, völlig unberührten Strandes, dann stehen wir vor einigen extrem ausgewaschenen Stellen und diskutieren lange die Vorgehensweise. Linker Hand sind die Auswaschungen so weit auseinander, dass wir mittig nicht drüber kommen und in den Spalten verschwinden würden, rechts ist nicht viel Platz aber wir legen die Bleche aus und verstärken die Böschung mit Steinen, wohl ist mir trotzdem nicht.
John bewegt langsam das Vorderrad drüber und die ganze Chose gerät in Bewegung, so dass er auf halbem Wege stoppt. Nun steht der Wagen direkt am Abhang und kann weder vor noch zurück. Wir schleppen Steine und verstärken weiter bis wir zufrieden sind. Rückwärtsgang rein, geschafft. Steine schleppen und die größten Löcher befüllen um nicht wieder auf drei Rädern zu stehen, geschafft.
Die Alternative, einen sehr steilen mit losem Geröll versehenen Berg packt Wally dann ohne Probleme.
Kurze Zeit später bei El Conejo, treffen wir auf viele andere Fahrzeuge, hauptsächlich Surfer die auf der Schotterstraße von der Mex 1 gekommen sind. Wir finden mal wieder einen sehr schönen Übernachtungsplatz direkt auf dem Strand mit genialem Sonnenuntergang.
Am nächsten Tag fahren wir siebzig Kilometer auf der Mex 1 und biegen dann Richtung Punta Picketson wieder Richtung Küste ab. Nachdem wir an einem Tor landen wo auch keiner der Wachmänner weiß wo wir eigentlich genau sind, finden wir ein Stück zurück eine Sandpiste die sich als Wellenritt entpuppt aber in die gewünschte Richtung führt, auf und ab an Büschen vorbei schrammend haben wir bald mal genug und machen Camp. Wie so häufig, heulen uns die Coyoten in den Schlaf, irgendwann kommt dann noch ein merkwürdiges, unangenehmes weiteres Geräusch hinzu das vermutlich von einem Kauz oder einer Eule stammt. Mitten in der Nacht brüllt John so laut, das es wohl einen kleinen Schock bekommt und endlich Ruhe ist.
Der Wellenritt geht weiter, den ganzen lieben langen Tag, auch diese Piste ist Teil des Baja 1000 Race. Unser Ziel, die Bahia Magdalena ist schwer bis fast gar nicht erreichbar. Schließlich finden wir einen engen Zugang der an einer Vogellagune und hohen Dünen endet. Hinter den Dünen erstreckt sich ein traumhafter, feinsandiger, endloser einsamer Strand, Pelikane und Fregatt Vögel mit ihren auffällig geformten Flügeln patroullieren über die Dünen, Einsamkeit und Natur pur, da bleibt man auch gern länger.
Wir erreichen per Wellenritt die 22 und fahren noch die paar Kilometer nach San Carlos. Hier werden Wal Touren angeboten aber es ist zu windig.
Auf dem Campingplatz in Ciudad Constitucion treffen wir Joff aus England mit seinem riesigen Einrad. John weiß natürlich wer das ist und kann es nicht fassen ihn persönlich kennen zu lernen. Angeschlossen haben sich außerdem Felix aus Österreich mit einem modernen Einrad und Reto aus der Schweiz mit konventionellem Fahrrad. Wir bleiben auch den nächsten Tag mit den Dreien in der Community Area hängen. Als sie am darauf folgenden Tag den Campingplatz verlassen, ist Felix nicht schnell genug auf dem Rad und die Polizei hält erst einmal eine ausgiebige Foto Session ab.
Über Pisten fahren wir nach Adolfo Lopez Mateos, hier soll es endlich mit Wale gucken klappen. Es ist Wochenende und die haben ein Wal Festival ausgerufen was nichts anderes heißt, als das ein paar Fressbuden am Hafen aufgestellt sind plus lauter Musik, außerdem finden noch Auto und Motorcross Rennen statt. Als wir die vielen Boote und Menschen sehen vergeht es uns, schlechteres Timing ging wirklich nicht.
Die Rennautos rasen über die Hauptstraße, wir bekommen noch die letzten zu sehen während wir Mittag direkt an der Straße machen und stellen wieder mal fest, wie nett, aufgeschlossen und interessiert die Dorfjugend ist, einfach erfrischend.
Nördlich von Villa Ignacio Zaragoza biegen wir nach Osten ab um einmal mehr die Halbinsel zu durchqueren. Wieder Erwarten macht die Piste keine Schwierigkeiten und ist wie fast immer äußerst einsam, ohne Oberleitungen, Gegenverkehr und Touristen. Circa auf halber Strecke sitzt plötzlich ein Bleichgesicht an der Piste und scheint sich überhaupt nicht für uns zu interessieren. Nachdem er ein wenig mit John gequatscht hat, taut er merklich auf. Sal aus Belgien ist per Anhalter bis nach Argentinien unterwegs und hat ein Budget von 300,- Euro pro Monat.Wie er hier weiter kommen will ist uns schleierhaft, wir fahren in die Gegenrichtung. Am nächsten Tag erreichen wir die nette Mission San Javier und fahren dann hinunter nach Loreto. Bis Rosarito bleiben wir auf der Mex um dann erneut eine tolle Piste unter die Räder zu nehmen. Problemlos überqueren wir die Sierra de la Giganta um über San Isidro, eine heiße mit hunderten Palmen bestandene Oase, vor San Juanico wieder die Küste zu erreichen. Von hier geht es weiter über die nur am Rande befahrbaren, da feuchten Salzpfannen, vorbei an abgelegenen Fischer Camps wo überraschend viele Menschen in allen erdenklichen Behausungen leben bis wir erneut die Laguna San Ignacio erreichen, diesmal von Süden. Nun sehen wir reichlich Delfine und Wale springen. Der Wind frischt über Nacht extrem auf, so das Bötchen fahren zu den Walen wieder einmal flach fällt.
Kurz nach San Ignacio verlassen wir die Mex wieder und fahren südlich nach Punta Abreojos das entgegen der Info auf unserer Karte auf Asphalt erreichbar ist. Hinter dem Ort türmen sich über zwei Kilometer direkt neben der nun Piste, Müllberge auf, gigantisch abstoßend. Danach wird es sehr schön und einsam mit netten Stränden und ein paar Fischerörtchen dazwischen. Zwei Tage später haben wir auch einen großen Teil von El Vizcaino umrundet und kehren zur Mex zurück um nach hundert Kilometern zu einem der bekanntesten Whale Watching Spots, nämlich der Laguna Oje de Liebre ab zu biegen. Während man früher überall um die Lagune stehen konnte, ist heute alles streng reglementiert. Wir zahlen 65 Pesos Eintritt und können an einer der Palapas stehen die sehr schön Windschutz bietet.
Am Morgen des nächsten Tages ist es sehr windstill und wir besteigen das offene Boot zusammen mit ein paar anderen Erwartungsvollen. Wir knattern zehn Minuten in die Lagune hinaus, dann warten wir dümpelnd ob sich einige der zahllosen Grauwal Mütter mit ihrem Nachwuchs ans Boot wagen. Tatsächlich dauert es nicht lange und sie tauchen unter das Boot, strecken uns ihre Köpfe entgegen und rempeln sogar ein paar Mal das Boot an. Wir springen von einer Seite auf die andere, fassen sie an und lassen uns von dem Wasser aus ihrem Blasloch besprühen. Unvorstellbar wäre so ein lockeres Bewegen im Boot und solch eine Tuchfühlung in den USA. Wir fahren ein Stück weiter, wieder kommen sie ans Boot, blasen Wasserfontänen, springen aus dem Wasser, die ganze Bucht brodelt von diesen riesigen, friedlichen Meeressäugern die hier zwischen Dezember und März ihren Nachwuchs zur Welt bringen bevor sie sich wieder nordwärts in die Nährstoffreichen Gewässer Alaskas und Sibiriens begeben. Nach zwei Stunden ist diese Show der Superlative vorbei, wir sind sprachlos, beeindruckt, dankbar. Bleibt zu hoffen, das ihnen die Menschheit nicht noch den Rest ihres Lebensraumes versaut und auch die Menschen hier vor Ort einen sensiblen, überlegten Umgang an den Tag legen um die schwierige Balance zwischen Tourismus und Tierschutz zu bewältigen.
In Guerereo Negro quartieren wir uns in einem einfachen aber akzeptablen Hotel mit gutem Wifi und notwendiger Dusche ein, damit ist der Rest des Tages und die halbe Nacht gelaufen. Früher hat man halt ein paar Postkarten geschrieben, ist anschließend noch den passenden Briefmarken hinterher gejagt und hat dann noch verzweifelt einen Briefkasten gesucht, gute alte Zeit.
Wir fahren am nächsten Tag ca. fünfzehn Kilometer zurück um dann in nordöstlicher Richtung erneut die Halbinsel zu durchqueren. Die Piste ist einsam und gut befahrbar, als wir wir uns an unserem Platz installieren stellen wir fest, das von unserem heutigen Einkauf eine der im Gang gelagerten Dosen Bier undicht war und sich der Gerstensaft überall verteilt hat, schöne Sauerei die eine längere Putzaktion nach sich zieht. Tags darauf geht es einsam weiter und wir finden ein herrliche Plätzchen an der Bahia San Rafael auf einem Felsplateau mit Blick aufs Wasser. Dahinter zieht sich die Piste wieder ins Landesinnere zurück und begeistert uns mit blühenden Blumen, riesigen Saguaros, Einsamkeit und toller Berglandschaft. Wir beschließen, die fünfzehn Kilometer an die Küste zur Bahia Las Animas unter die Räder zu nehmen. Die Piste wird immer schmaler und schlechter. Ein paar Fischer und Aussteiger treffen wir hier an und ganz am Ende stoßen wir auf eine herrliche, einsame Bucht wo wir ein paar Nächte stehen bleiben und dann weiter nördlich an die Bahia de Los Angeles gelangen, wo sich einige Amis in einfachen Häusern niedergelassen haben.
Die beiden Pemex Tankstellen sind trocken, das haben wir bisher auch noch nicht erlebt, zum Glück hatten wir beide Tanks voll gemacht. Wir fahren ein kurzes Stück auf Asphalt und biegen dann in Richtung Mission San Francisco de Borja ab. Durch den Frühjahrs Regen hat sich hier ein herrliches Blumenmeer ausgebreitet. Die Mission liegt einsam in den Bergen und wird von der hier ansässigen Familie in der achten Generation beaufsichtigt, man führt uns gegen eine Spende herum. Irgendwann landen wir wieder auf der Mex 1 an der es in diesem Abschnitt keine Tankstelle gibt. Nach neunzig Kilometern biegen wir bei Laguna de Chapala wieder auf Piste. Diese entpuppt sich als Waschbrett pur, wir verlieren eine der durchgebrochenen Blattfedern. Bei Cocos Corner erreichen wir überraschend eine nagelneue Asphalt Straße, wir sind nicht wirklich glücklich darüber. An der Bahia San Luis Gonzaga gibt es eine Tankstelle, trocken. Zum Glück sind wir noch nicht in Not und werden es bis San Felipe schaffen. Hier leben viele Amerikaner und selbst die Bedienung an der Zapfsäule ist abgeschafft aber es gibt Diesel. Wir klopfen uns auf die Schulter für die weise Voraussicht beide Tanks komplett gefüllt zu haben, o.k., eher Johns Verdienst.
Etwas nördlich von San Felipe biegen wir auf eine Piste Richtung Westen ab, die uns ganz nah an den höchsten Berg der Baja, den Picacho Del Diablo bringt, immerhin 3096 Meter, dann geht es nach Norden entlang der Sierra de San Pedro Martir über eine entsetzlich staubige Pfanne als wir plötzlich rechter Hand einen Militär Hummer wahrnehmen und als wir uns gerade fragen, wo der denn so schnell hin will wird uns klar, zu uns. Wie bei allen vorher gehenden Kontrollen sind die Herren freundlich und möchten nur wissen woher und wohin, John bittet sie, ein Bild machen zu dürfen was sie ablehnen, nach ein wenig hin und her darf zumindest der Hummer geknipst werden und weg sind sie. Nach dieser sehr schönen aber recht kurzen Strecke geht es zurück zur Mex und wir nehmen die letzte Piste unter die Räder die uns fast bis zur US Grenze führen wird.
Der National Park Constitucion De 1857 liegt auf 1600 Metern und man kommt sich vor wie in der Sierra Nevada. Wir bleiben zwei Nächte, da ich putzen und aufräumen muss damit die Amis nichts zum meckern haben. Nachts geht das Thermometer auf null Grad runter, am zweiten Tag kommt noch ein fieser Wind dazu aber ich putze mich warm während John lieber laufen geht da er meint, ich würde komplett am Rad drehen wegen dem Grenzübertritt womit er nicht ganz unrecht hat. In Tecate muss ich unbedingt noch das Auto waschen lassen, man weiß ja nie was denen einfällt. Während John flott zu Fuß die Grenze überschreitet, stehe ich eineinhalb Stunden in einer ewig langen Schlange, es ist Sonntag und die Mexikaner kehren von ihrem Wochenend Besuch in der Heimat wieder in ihre Arbeits Heimat zurück, schlechtes Timing. In einem Kabuff sitzt ein Beamter und die Abfertigung geht sehr zügig, zumindest für die Mexikaner. Ich muss mich dem erwarteten Prozedre unterziehen. Die erste Beamtin blättert hektisch meinen Pass von hinten nach vorne durch und fragt, ob ich ein Visum habe. „Ja, habe ich“, „Da ist aber keines“. Visas sind in einem neuen Pass immer vorne du blöde Kuh..... denke ich. Bereits während ich im Gebäude beim äußerst netten Beamten mein neues halbes Jahr bekomme, durchsucht man die Fahrerkabine da ich die Tür offen gelassen habe. Man weist mich nun an, hinten auf zuschließen und mich fünfzig Meter entfernt auf die Bank zu setzen bis sie fertig sind. Zwei Avocados, ein nicht beschriftetes Päckchen Reis und ein wenig Abfall werden beschlagnahmt, das war es. Tschüss Mexiko, die Baja war fantastisch! Welcome back to California!