Puyehue, Osorno, Frutillar, Puerto Montt, Isla Chiloe`, Carretera Austral, Chaiten, Coyhaique, Balmaceda, Tres Lagos, Rio Gallegos, Isla Grande de Tierra del Fuego, Ushuaia, Estancias Haberton/Moat

Nach einem sehr schnellen Grenzübertritt, rolle ich einer total anderen herrlich grünen Landschaft entgegen. Am Lago Puyehue herrscht jetzt im Oktober eine relaxte und Touristenfreie Stimmung ganz nach meinem Geschmack. Ich begebe mich Richtung Osorno, um nach dem fünften Reifen zu fahnden und bin überrascht, dass dies nicht so gut klappt. Auch in Puerto Montt suche ich die Reifenläden vergeblich ab, keiner hat diese Größe auf Lager. 

Ich begebe mich nach Süden und nehme die Fähre zur Insel Chiloe`. Das Wetter ist wie hier so oft regnerisch frisch. Ich schlendere durch Ancud, die nördlichste größere Ansiedlung und es scheint mir so, als hätte sich am Gammel Charme der Insel die letzten 20 Jahre wenig geändert, mir gefällt`s. Hier wird immer noch überwiegend mit Holzöfen geheizt, dementsprechend liegen ständig Rauchschwaden in der Luft.

Auf der Hauptstraße nach Süden fällt mir auf, dass der Autoverkehr enorm zugenommen hat. Ich biege ab auf eine schöne Runde zu ein paar Fjorden und netten kleine Dörfchen, wo alles noch gemütlich seinen Gang geht. Bekannt ist die Insel für ihre schönen Schindelholzkirchen, die im 17. und 18. Jahrhundert von den Jesuiten errichtet wurden und von denen immer noch 150 vornehmlich aus Zypressenholz erbaut existieren, 16 von ihnen sind im Unesco Weltkulturerbe aufgenommen.

In der Hauptstadt Castro regnet es teilweise wie aus Eimern, dann kommt wieder mal die Sonne raus. Ich finde einen Parkplatz direkt unten am Hafen, wo es sich auch anbietet gleich die Nacht stehen zu bleiben. Als ich so die steilen Sträßchen hinauf und hinab schlendere, kommt mir die grandiose Idee, doch heute Abend mal zu recherchieren, wann und wie oft denn so die Fähre unten im Süden Richtung Chaiten übersetzt. Gesagt, getan und siehe da, es fährt um diese Jahreszeit überhaupt keine, sondern nur zur Hauptsaison. Da stellt sich mir die Frage, ob ich noch weiter südwärts in diesem Schmuddelwetter fahren soll, und die Antwort lautet nein, da ich auch alles hauptsächlich auf der stark befahrenen Hauptstrecke wieder zurück muß. Als ich in der Früh nach Norden steuere, ist in die Gegenrichtung ein richtig langer Stau in die Stadt hinein. Wahnsinn, dass auch auf dieser Insel schon teilweise der Verkehr kollabiert.

Nichts desto Trotz hat es mir wieder gefallen, aber früher war natürlich alles besser. Ich fahre also zurück nach Puerto Montt, springe kurz ins Büro der Fährgesellschaft um mir ein Ticket zu kaufen und begebe mich nach Süden in Richtung Carretera Austral, mal wieder. Eine kurze Fährüberfahrt und dreistündige Pistenfahrt später, suche ich mir ein beschauliches Plätzchen für die Nacht im Örtchen Hornopien, welches ich bei der letzten Anlandung vor einem knappen Jahr nur im Dunkeln sah. Wunderschön sonnig ist es heute, das Örtchen liegt in einer tollen Umgebung an einem Fjord mit Bergen.

Am nächsten Tag geht es einmal mehr auf die wunderschöne Fahrt durch die Fjorde, diesmal nach Süden und wieder bei herrlichstem Wetter. Im Unterschied zum letzten Februar, sind diesmal nur eine Hand voll Autos und Menschen an Bord.

Zurück in bekannter, schöner Umgebung der üppig grünen Carretera, begebe ich mich gemütlich zum bereits bekannten herrlich gelegenen Übernachtungsplatz.

Hier sieht man viele tote Bäume die Opfer des 2008 überraschend wieder ausgebrochenen Vulkans Chaiten sind. Am Morgen mache ich mich wieder auf den dreistündigen Aufstieg, um die durch eine defekte Speicherkarte verlorenen Bilder erneut zu machen und auch nochmal den herrlichen Blick hier oben zu genießen.

Weiter geht es das kurze Stück zur Playa Santa Barbara und nach Chaiten, wo der gleichnamige Vulkan ebenfalls großes Unheil angerichtet hat, die Bewohner haben alles wieder aufgebaut, die Gegend hier gefällt mir unheimlich gut.

Auf bestem Asphalt geht es nach Süden. Es sind fast keine Touristen unterwegs um die Jahreszeit, jedoch ist die Natur schon voll am erblühen, perfekt. Nur wenige hundert Meter höher, befinde ich mich plötzlich inmitten von Schneegestöber, etwas tiefer ist der Spuk dann schnell wieder vorbei.

Die Carretera ist mittlerweile zu meinem Bedauern keine Abenteuer Strecke mehr, wie es gern noch immer in vielen Reiseführern dargestellt wird. Zwar gibt es bis Coyhaique nach wie vor zum Glück keine wirklich großen Ansiedlungen aber diese Strecke ist bis auf wenige Ausnahmen nun komplett asphaltiert. Dies hat wiederum vermehrte Besiedelung, Zäune, Viehwirtschaft, Abholzung, Umweltzerstörung und Touristen zur Folge. Gute Plätze zum Stehen zu finden, empfinde ich als schwierig und zur Hauptsaison im Sommer wäre das hier für mich ein no go. So aber kann ich ganz entspannt und sehr langsam dahin juckeln und die schöne Gegend in vollen Zügen genießen.

Schon weit vor Coyhaique kommt man in das sich weit öffnende Valle Simpson, welches stark landwirtschaftlich genutzt wird. In Coyhaique ist ein Einkauf fällig und mehr oder weniger durch Zufall, stoße ich auf die Werkstatt von Toyota Experte Sergio, der mir bzw. Wally sofort wie gewünscht die Radlager nachstellt, und dem ich gleich ankündige, auf dem Weg zurück nach Norden für weitere Arbeit am Wagen nochmals vorbeizukommen. 

Ich fahre ein Stück nach Süden, und quere in Balmaceda die Grenze nach Argentinien, um anschließend auf der schlechten Piste den lieben langen Tag lang  rum zu eiern und mich zurück in der Pampa zu finden.

Zurück auf der Ruta 40, ist es teilweise recht abwechslungsreich. Nachdem ich auf die Ruta 27 Richtung Ostküste abgebogen bin, bemerke ich plötzlich Qualm unter der Motorhaube und bekomme einen riesen Schreck, als ich die Temperaturanzeige sehe, der Wagen kocht. Die Ursache ist schnell gefunden, Keilriemen gerissen, 100 Kilometer vom nächsten Kaff entfernt und eine weiter Schlamperei meinerseits, da ein Austausch überfällig war. Ersatz habe ich dabei aber ich bekomme den letzten Teil nicht drüber. Gerade, als ich mich damit abgefunden habe hier die Nacht zu verbringen, hält Juan und gemeinsam bekommen wir das Ding doch noch auf die Lichtmaschine gewürgt und ich kann weiter zur Tankstelle in Luis Piedra Buena fahren. Tags drauf suche ich mir erstmal ein schönes Plätzchen für ein paar Tage, und treffe dann erneut auf Markus, um ein wenig den Weg gemeinsam fortzusetzen. 

In der Nähe des Kraters Laguna Azul kann man gut an den Ausläufern des Lavafeldes stehen, und sich ein wenig in den Windschatten eines LKW zu stellen, hat Vorteile.

Dann ist mal wieder der Wechsel des Landes fällig. Feuerland ist zweigeteilt, und so reisen wir nach Chile ein, bevor es die letzten Kilometer zur Fähre nach Tierra del Fuego/Feuerland geht, was für ein Gefühl!

Wir fahren erstmal ins kleine Cerro Sombrero, wo man an der Touri Info stehen und das beheizte Waschhaus inklusive heißer Duschen und Wifi nutzen kann, ohne einen Peso berappen zu müssen, sowas kommt natürlich immer gut an!

Dann geht es auf Piste, um die einzige Königs Pinguin Kolonie des Festlandes zu besuchen, die Tiere leben normalerweise nur in der Antarktis bzw. Süd Georgien.

Man beachte die bereits riesigen fetten braunen Jungtiere, die schon so groß wie die Alten sind. Dies ist die zweitgrößte Pinguinart der Welt, nur die auch in der Antarktis lebenden Kaiser Pinguine sind noch größer.

Weiter geht es auf Piste vorbei an einsamen Estancias und einer alten Gold Dredge nach Süden 

Das chilenische Militär ist seit Jahren dabei, eine Piste nach Süden in die Wildnis zu treiben, kommt aber nur langsam voran, wobei sie vermutlich irgendwann mal gegenüber von "Lands End" Ushuaia bzw. Lapataia rauskommen wollen. Durch Regen wird es irgendwann etwas glitschig, doch wir schaffen es bis zum höchsten Punkt der Strecke, wo sich ein fantastischer Ausblick ins Tal und die umliegenden Berge bietet, der verbliebene Schnee zaubert zusätzlich schöne Stimmung. Es ist sehr kalt und windig hier oben aber ein sehr lohnender Abstecher in eine (noch) recht unbekannte Ecke Feuerlands.

Nun geht es wieder abwärts in leicht angenehmere Gefilde zum kleinen, abgelegenen Grenzübergang Bella Vista, der erst seit einigen Tagen für diese Saison geöffnet hat. In Rio Grande, dem einzigen nennenswerten größeren Ort außer Ushuaia, ist ein Einkauf fällig. Anschließend lasse ich mich in dieser extrem windigen Ecke, in der der Wind permanent in Sturmstärke zu wehen scheint ordentlich im schwankenden Auto durchschütteln, bevor ich den Weg weiter gen Süden fortsetze.

Am Lago Fagnano finde ich ein schönes Camp, und so langsam wird es richtig aufregend, nur noch 90 Kilometer bis in die südlichste Stadt der Welt, die ich zwar schon kenne, aber selbst dorthin über zwei Kontinente gefahren zu sein, ist dann doch nochmal ein anderes Kaliber.

Da geht´s lang und leicht verfrüht schon mal der Welt mitgeteilt!

Der letzte Rest der Strecke ist nicht nur etwas ganz besonderes für mich, sondern auch noch besonders schön! Das Wetter spielt auch mit und so genieße ich sehr intensiv, bewußt langsam und in bester Stimmung die letzten Kilometer zwischen Deadhorse, Alaska und Ushuaia, Argentinien.

Dann ist es soweit, Ushuaia hat sich nicht lumpen lassen, und ein schönes Eingangsportal geschaffen, an dem das Knipsen diese besonderen Moments Spaß macht.

Ich bin sehr glücklich und dankbar für diesen fantastischen Trip. Diesen grandiosen Roadmovie, der mir eine riesen Kiste voller Bausteine für die Seele, unvergessliche Erinnerungen und Erfahrungen beschert, und mich nachhaltig verändert und beeinflusst hat. Dies ist einer der emotionalsten Momente während meiner fast 10 Jahre "on the road". 1986 Tage oder 5 Jahre, 5 Monate, 7 Tage und 19 Länder und 110 Tausend Kilometer später bin ich tatsächlich hier, und beide Akteure befinden sich immer noch in einem recht passablen Zustand, sodass die (Lebens) Reise weitergehen kann.

Ohne mein unglaublich zuverlässiges und vor allem robustes Auto wäre dies nicht möglich gewesen. Nie hat es mich im Stich gelassen oder enttäuscht und das, obwohl die Besitzerin nicht immer pfleglich und erst recht nicht zimperlich agiert  und auch den ein oder anderen groben Patzer nicht ausgelassen hat, wo andere ganz bestimmt längst den Dienst verweigert hätten.

Abertausende teils extrem raue Pistenkilometer, Höhen von bis zu 5000 Metern, mein zuverlässiges kleines Zuhause wo immer ich war und bin.

Ich kann einfach niemals genug Lobeshymnen auf den guten alten HZJ singen, eines der besten Autos, die jemals gebaut wurden und zu Recht eine Legende!

Ushuaia bedeutet in der Sprache der Ureinwohner "Bucht die nach Osten blickt" und glänzt mit seiner wunderbaren Lage, wobei die paar Straßen des Zentrums eher mäßig attraktiv sind. Es ist noch relativ Touristenfrei jetzt Anfang November. Ich bleibe ein paar Tage, gönne mir was Leckeres zum Essen in einem der zahlreichen Restaurants und stocke die Vorräte auf. Außerdem besuche ich natürlich Lapataia, welches noch einige Kilometer weiter südlich liegt und wo wir vor fast 20 Jahren mit dem Mietcamper problemlos und allein auf dem Parkplatz über Nacht stehen konnten, heute ein Ding der Unmöglichkeit.

Zurück in Ushuaia, beziehe ich einmal mehr meinen Lieblings Übernachtungsplatz auf dem Gelände des Flughafens, wo es zwar immer sehr windig ist, die Rundumsicht aber spektakulär. Der kleine Flughafen bietet gepflegte Toiletten und frei zugängliches Wifi, was will man mehr?

Der ein oder andere Kahn liegt mittlerweile im Hafen, um Richtung Antarktis in See zu stechen. Ich verlasse Ushuaia Richtung Nordosten, und biege dann auf die Piste Richtung Estancia Haberton und Moat ab, die mich an den Beagle Kanal führen wird. Die Piste teilt sich noch einmal und ich begebe mich zunächst nach Westen, bis mir ein Zaun den weiteren Weg versperrt, hier ist Ende und ich genieße den Blick hinüber zur Isla Navarino, welche zu Chile gehört und wo man gut den Marinestützpunkt Puerto Williams ausmachen kann.

Es geht retour und weiter nach Südosten, speziell das Gelände der Estancia Haberton bietet sehr schöne freie Campmöglichkeiten. Ich genieße die wundervolle Umgebung mit erstaunlich viel Waldbestand, und den fast immer freien Blick auf den Beagle Kanal.

Dann ist es geschafft, nach wunderbarer Fahrt stehe ich am auf dem Hügel thronenden Marine Stützpunkt. Ende Gelände, dies ist der südlichste befahrbare Punkt. Der des Festlandes liegt weiter nördlich in Chile. Schön ist es hier!

Ein halben Kilometer zurück, beziehe ich für ein paar Tage schön geschützt mein südlichstes Camp am Ende der Welt.

Hier genieße ich sogar einen fast komplett windstillen Tag, der mir einen herrlichen Spaziergang entlang der Küste ermöglicht. Nur ungern trenne ich mich, doch irgendwann muß es ja sein, und so trete ich ganz, ganz langsam mit weiteren Zwischenübernachtungen den Rückweg in Richtung Ushuaia an.

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