Der Rückweg nach Ushuaia braucht seine Zeit, ich kann mich einfach schwer vom Ende der Welt trennen, trotz sehr durchwachsenem Wetter.
Zurück in Ushuaia, ist ein Großeinkauf fällig, eine heiße Dusche an der Tankstelle, und ein paar weitere Übernachtungen an meinem geliebten Flughafen Platz mit freiem Blick auf Stadt und Umgebung.
Ich fahre zum Skigebiet direkt oberhalb der Stadt und laufe weiter Richtung Gletscher, um einen herrlichen Blick auf die Bucht zu genießen.
Irgendwann schlage ich endgültig den Weg nach Norden ein, nicht ohne einen weiteren Abstecher auf Piste zu machen, um entlang des Lago Yehuin und einsamen Estancias irgendwann Rio Grande zu erreichen, wo der Wind mal wieder in Sturmstärke tobt. Ich stoppe erneut ein paar Tage im Kaff Cerro Sombrero, um die heiße Dusche und das Wifi der Touristen Info zu genießen. An einem regnerischen Tag verlasse ich Feuerland nach vier Wochen, klasse war es!
Ich erreiche Punta Arenas natürlich nicht, ohne wieder einmal nach Chile gewechselt zu sein. Die Stadt bzw. Städtchen hat schon einen Wandel in den letzten 20 Jahren vollzogen, aber eher zum Positiven. Ich latsche einmal durch und besuche erneut den großen Friedhof, um anschließend mit der Toyota Niederlassung zu klären, ob man ein Ersatzteil hier bestellen kann, um es Wochen später in Coyhaique in Empfang nehmen zu können. Kleinigkeit, sollte man meinen, aber das ist selbst in Chile nicht unproblematisch, zumal das Teil aus Santiago kommt und somit auch noch einen kürzeren Weg hätte, es gelingt!
Richtung Puerto Natales ist es mal wieder extrem windig, aber ich sehe den ein oder anderen Kondor kreisen. Der Ort selbst ist Touristen Anlaufstelle für alle, die den berühmten National Park Torres del Paine unsicher machen wollen. Ich platziere mich für die Nacht auf der Wiese am Wasser ein gutes Stück weg vom Geschehen, alles gut, bis es morgens um 7 ans Auto donnert, das ich fast einen Herzinfarkt bekomme. Ein besoffener Typ ist noch von einer der Samstag Partys übrig geblieben und läßt nicht ab bis ich ihn aus dem Wagen raus auf Deutsch
anschreie, er soll sich verpissen. Das hilft, er schmeißt die Bierdose ins Gras und wankt von dannen, mir beschert es ein wunderschönes Foto in der herrlichen Morgenstimmung.
Schwarzhals Schwäne gibt es im Süden Patagoniens in großer Zahl. Ich begebe mich auf die Piste Richtung Torres, und rolle am nächsten Morgen früh über die National Park Grenze. Niemand hält mich auf, und so bin ich früh am Lago Grey und erstmal überrascht, wie stark der See sich die letzten 20 Jahre zurückgezogen hat. Ursache ist der Rückzug des Gletschers. Dort, wo ich damals ganz einfach ein uraltes Stück Gletscher Eis aus dem See fischte, um mein Cola Rum damit zu kühlen, ist nun Wüste plus ein Hotel, tja, Dinge ändern sich, trotzdem ist es immer noch schön hier.
Selbstverständlich unternehme ich diverse Wanderungen, auch eher unbekannte und finde mehrere fantastische Wildcamping Spots. Wildcamping ist aber zu Recht verboten. Trotzdem braucht man (noch) nichts zu bezahlen, wenn man über einen Camper verfügt, denn auf einigen offiziellen und großzügigen Parkplätzen darf man frei stehen, sehr löblich und gut genug, wenn die Touries am Nachmittag wieder weg gekarrt sind.
Der Park hat einen der bekanntesten und viel propagierten Mehrtages Wanderwege Südamerikas zu bieten. Das berühmte W oder noch ausgedehnter, das O im Norden des Parks. Das interessiert mich einerseits, weil ich wissen will, was an dem Hype dran ist, andererseits schrecken mich die Massen, die Preise und Vorreservierungen natürlich extrem ab. Die nette Tante in der Info versichert mir, dass es das von Conaf betriebene Camp Italiano nicht gibt, Hää? Ich solle auf eines der privaten Camps ausweichen, was mir allein vom Preis nicht schmeckt, außerdem Stichwort Reservierung. Ich treffe Deutsche, die wollen unbedingt diese Berühmtheit laufen und buchen Hütten für 5 Nächte für schlappe 1000,- Dollar. Da kann ich nur sagen, gutes Marketing ist alles, dann zahlen die Leute fast jeden Preis.
Ich laufe erstmal die beliebteste Tagestour zum Mirador Base Las Torres. Der Weg selbst ist relativ unspektakulär, die Sicht auf die Torres ist jedoch das frühe Aufstehen und den Anstieg wert.
Ich genieße die spektakulären Aussichten von meinen Standplätzen in den nächsten Tagen.
Dann packe ich den Rucksack mit allem für die Nacht, und begebe mich westwärts Richtung Campamento Italiano, welches selbstverständlich existiert und weiter mit 800 Metern Aufstieg zum spektakulären Mirador Britanico. Es bietet sich eine fantastische 360 Grad Rundumsicht hier oben, und auch hier ist der Aussichtspunkt selbst die größte Attraktion. Camp Italiano ist sehr voll und ich hatte auch nicht wirklich vor, hier um Asyl zu bitten und schaue mal, wie weit ich es zurück schaffe, um mich notfalls einfach in die Büsche zu schlagen. Vorbei an diversen Privat Camps und ein weiteres ist im Bau, das Material wird per Hubschrauber eingeflogen, man hat mal wieder das Maß verloren, laufe ich immer weiter. Ich fühle mich so fit, dass ich nach insgesamt 15 Stunden und 47 Kilometern abends um 23 Uhr im Dunkeln mein Auto erreiche. Wow, das war meine längste Tagestour, die ich jemals unternommen habe und somit habe ich zweidrittel des W bereits absolviert, ohne einen Cent bezahlt zu haben.
Auch das letzte, westlichste Drittel wäre als Tagestour machbar, wenn man ein einigermaßen guter Läufer ist. Dafür muß man die früheste überteuerte Fähre von der Hosteria Pehoe` über den Lago Pehoe` nehmen, und hat dann zum Refugio bzw. Mirador Grey ca. 4 Stunden pro Strecke zu rechnen. Ich bin zu geizig 30,- Euro für die Fähre hinzublättern und verzichte, aber machbar ist vieles, ohne ein Vermögen dafür ausgeben zu müssen oder das Ganze unnötig auszudehnen.
Ich verlasse den Park nach tollen 10 Tagen, es hat mir super gefallen. Zum Glück für die Natur, ist die Saison relativ kurz, trotzdem sind sie dabei, jegliche angebrachte Umsicht zu Gunsten des Massentourismus aus den Augen zu verlieren.
Ich begebe mich Richtung El Calafate, welches in den letzten 20 Jahren vom staubigen Käfflein zum Touristen Hotspot mutiert ist. Es ist immer noch klein und übersichtlich und ich finde einen super Spot am See. Einkauf, und erstmal ein paar Tage zum Lago Roca abhängen, wo es einen tollen Platz für umme gibt und der dank strenger Rangeraufsicht super in Schuss und unvermüllt ist, ach ja, dies ist schon wieder Argentinien! Ich versuche, den optimalen Tag für den Perito Moreno Gletscher abzupassen und auf geht es ein zweites Mal zu diesem umwerfenden Naturwunder.
Der Perito Moreno ist der größte Auslassgletscher des Campo de Hielo Sur, des größten Gletschergebietes der südamerikanischen Anden und er ist gewaltig! Er kalbt in den Lago Argentino und man schaut auf die beeindruckenden Eiswände so hoch wie ein zwanzigstöckiges Hochhaus, wo regelmäßig krachend ganze Eiswände in den See stürzen.
Das Ausmaß läßt sich auf Fotos nicht festhalten, es ist zweifellos eine der größten Attraktionen die Argentinien bzw. Südamerika zu bieten hat. Ich fahre bewußt früh hin, und bestaune letztlich 8 Stunden dieses Naturwunder, obwohl ich ja schonmal da war. Speziell am Morgen kracht und knarzt es durch die Temperaturunterschiede gewaltig. Der Gletscher ist außerdem einer der wenigen, die sich noch nicht zurückziehen und somit hat sich am Erlebnis von vor 20 Jahren nichts geändert.
Gegen Mittag/Nachmittag wird das Licht besser, und das Blau in den Spalten kommt gut zur Geltung.
Auf der Herfahrt am Morgen bin ich überraschend auf Heike und Peter getroffen, die mir sehr unkompliziert meine lange entbehrten neuen Gasdruckfedern für mein Klappdach aus Deutschland mitgebracht haben. Diese dürfen nicht im Flugzeug transportiert werden, und somit kam nur jemand in Frage, der sein Auto verschifft und diese auf dem Seeweg für mich mitnimmt. Die Federn liegen in Uruguay zur Abholung bereit und es freut mich natürlich sehr, die beiden noch persönlich kennen zulernen und mich bedanken zu können!
Die Welt ist klein, trotzdem ich weiß, das auch Ilka und Günther in Südpatagonien unterwegs sind, ist es schon kurios, sie ausgerechnet hier und heute am Gletscher zu treffen. Das letzte Mal war das vor eineinhalb Jahren in Süd Peru der Fall und, wie Günther ausgerechnet hat, zum siebten Mal bereits seit Yucatan, Mexiko.
Am Abend treffen wir uns alle am selben Platz wieder und die 3 Langzeitreisenden halten noch einen ziemlich langen Plausch im größten Fahrzeug vor Ort, wer weiß, wo das achte Treffen stattfindet.
Alle bewegen sich nach Süden, für mich geht es nach Norden zum nächsten argentinischen Highlight, Los Glaciares National Park.