Ich warte noch den Unabhängigkeitstag ab, an dem alle Institutionen aufmarschieren und zeigen was sie haben, dann geht es endlich los.
Der Santa Cruz Trek gilt als einer der schönsten, aber auch als einer der beliebtesten Trails in den Anden. Nicht zuletzt deshalb, weil er sich relativ gut erreichen lässt und jeder einigermaßen fitte Wanderer ihn bewältigen kann.
Für mich, die viel zu viel im Auto gehockt hat also genau richtig, um wieder reinzukommen. Die Planung ist relativ einfach und somit verlasse ich Caraz mit einem Minibus Collectivo Richtung Berge nach Cashapampa wo ich einen Eintritt von 65,- Soles berappen muss und gegen Mittag endlich losmarschieren kann. Zunächst geht es durch ein enges Tal immer aufwärts, wo mir die ersten Esel/Muli Karawanen von geführten Wandertouren entgegenkommen. Bereits am frühen Nachmittag bin ich am ersten offiziellen Zeltplatz wo alles voller Tourenzelte steht. Nichts für mich, also laufe ich noch eine Stunde bis ich eine komplett leere Wiese mit Wasserzugang finde und mir mein Essen bei ziemlich viel Wind zubereite der später aber nachlässt.
Die Nacht ist gerade noch frostfrei und ich begebe mich weiter in die Höhe mit tollen Ausblicken auf diverse 5 und 6000er Gipfel, unter anderem auf den herrlichen Alpamayo. Da es mir noch zu früh ist zum Zelten, beschließe ich den 4760 Meter Punta Union Pass heute noch anzugehen und komme beim mehrstündigen Aufstieg richtig kräftig ins Schnaufen. Die Höhe macht sich ganz schön bemerkbar doch mit diversen kurzen Verschnaufpausen und Blick auf die grandiose Umgebung, stehe ich schließlich am höchsten Punkt des Trails.
Der Abstieg zieht sich und ich schlage bei nächstbester Gelegenheit mein Zelt auf über 4000 Metern auf, was mir nachts mit leichtem Frost quittiert wird.
Der weitere Abstieg verschafft mir wieder tolle Ausblicke am nächsten Tag, unter anderem auf den 6000er Nevado Chacraraju der wie ein Finger aus der Landschaft ragt. Es geht hinunter durch schöne Quenuawäldchen und bald lassen sich die ersten hier siedelnden Einheimischen blicken. Durch mehrere kleine Dörfchen wo einige geschäftstüchtig Getränke und Essen anbieten, erreiche ich die Fahrstraße und der weitere Weg zieht sich noch etwas, bevor ich die Straße in Vaqueria erreiche, wo ich mir erstmal erschöpft eine Cola gönne und mir von der Ladenbesitzerin helfen lasse, eine Mitfahrgelegenheit zu finden.
Diese erscheint nach einer Stunde in Form eines Privat Wagens, der für ein kleines Entgeld noch einen Platz für mich hat und somit geht es über Piste, der Fahrer macht einen guten Job, hinauf zum nächsten Pass, von wo man einen grandiosen Blick auf die tief unten liegenden Llanganuco Seen und die ganzen umliegenden Gipfel der Huandoy Gruppe und die Pisco Gipfel hat. Auch eröffnet sich ein überwältigender Blick auf den höchsten Berg von Peru, den 6768 Meter hohen Huascaran. Ich bin nochmals extrem angetan von dieser Bergwelt und die Passstraße ist wohl die Beste, die ich bisher im Leben gefahren bin bzw. ausnahmsweise mal fahren lasse, was den unschlagbaren Vorteil hat, einfach mal entspannt aus dem Fenster gucken zu können.
In unzähligen Serpentinen windet sich die Piste ins Tal bis zu den Seen und weiter geht es hinunter nach Yungay, welches an der Hauptstrecke nach Caraz liegt und wo ich ohne Verzögerung ein Collectivo vor die Tür des Campingplatzes bekomme.
Ich komme bereits im Dunkeln an, Günther hat mir netterweise den Wagen auf meinen bevorzugten Platz umgeparkt und ab ins Bett.
Ich bin einfach nur erschlagen von der Schönheit der Cordillera Blanca, der Trek hat sich in jeder Hinsicht gelohnt und war auch nicht zu überlaufen.
Wie es meine Art ist, bin ich recht verzögerungsfrei und schnell gelaufen und habe den Trail daher in zwei Nächten anstatt der üblichen drei gemacht. Die Cordillera Blanca ist mit Sicherheit eine der feinsten Ecken Perus und der Anden, ich will noch mehr sehen.
Nachdem ich mich eine Woche auf dem schönen, mittlerweile deutlich geleerten Platz ausführlich erholt habe, fahre ich nach Huaraz, wo ich hoffe, einen Arriero, einen Eseltreiber der mir weitestgehend das Gepäck abnehmen würde zu finden.
Ich würde gerne die Cordillera Huayhuash, „weiwash“ ausgesprochen, umrunden.
Da die Tour über 10 bis 12 Tage und acht, neun, hohe Pässe geht, siegt die Vernunft, denn ich habe auf dem anderen Trek gesehen, wie relativ schwer, auch weil zur Zeit nicht ganz auf der Höhe der Fitness, mir die Passüberquerung fiel. Ohne Gepäck auf dem Rücken würde es sich deutlich leichter gehen.
Wie bereits befürchtet, gestaltet sich die Suche erfolglos. Ich klappere die Trekkingargenturen ab, einer hat eine geführte Tour, die er mir für 600,- Dollar anbietet, nein danke. Einen Arriero mit ein oder zwei Tieren anzumieten ist quasi unmöglich, wie mir ein netter Veranstalter erklärt, weil es sich einfach nicht lohnt, was verständlich ist. Schicksal eines Singles, der nur ganz selten auf Gleichgesinnte trifft.
Ich verlasse die Stadt am nächsten Morgen und fahre über herrliche Höhen mit tollen Aussichten ins kleine Kaff Chiquian, Ausgangspunkt für eben diese Tour. Am freundlichen Hotel Los Nogales miete ich mir ein Zimmer und habe damit auch die Erlaubnis, Wally auf den dazugehörigen kleinen Parkplatz zu stellen. Gegen ein längeres Abstellen spricht gegen eine kleine Gebühr auch nichts, perfekt. Im Hotel treffe ich auf drei Deutsche, die gerade von dieser Tour mit einem Arriero kommen, so ein Mist, hätte ich die mal früher getroffen. Dieser Eseltreiber hat die Tage auch keine Zeit und so packe ich meinen Rucksack mit Essen für eine Woche, nehme am Morgen den Bus in die Berge, und schaue mal, was so geht, umdrehen kann man schließlich immer und ich werde ja auch älter und somit (manchmal) vernünftiger.
Die Fahrt mit dem Bus ist wie immer ein Erlebnis für sich auf den engen Pisten und ich laufe, nachdem hier schon mal diverse Gebühren fällig waren, am späten Vormittag mit einem im Bus getroffenen Schweizer los.
Wir schrauben uns langsam aufwärts, und die ersten 1000 Höhenmeter und der 4690 Meter Pass sind bewältigt. Es zieht sich mit dem Abstieg, ich verliere den Schweizer und erreiche kurz vor Dunkelheit einen Platz zum Zelten, wo mal wieder kräftig kassiert wird. Über Nacht fällt etwas Schnee und es wird kalt, die herrliche Landschaft ist morgens wie gepudert und ich mache mich auf zum nächsten Anstieg.
Ich erreiche den Pass und steige zur Laguna Carhuacocha ab, wo mich ein merkwürdiges Gefühl umtreibt und mir mein Bauchinstinkt, der immer noch gestimmt hat mitteilt, umdrehen! Ich ringe kurz mit mir, dieses Gefühl zu unterdrücken, weiß aber irgendwie, dass es ein Fehler wäre.
Ich mache kehrt und den halben Aufstieg zum Pass, bevor ich mir ein Plätzchen suche und den langen Graupelschauer im Zelt aussitze bevor das grandiose Bergpanorama wieder zum Vorschein kommt. Diese Gegend ist ohne Frage spektakulär und ich bin froh, es angegangen zu sein.
Nach einer kalten und wie immer sehr langen Nacht im Zelt, packe ich es morgens mit Eisfingern zusammen und marschiere auf die Passhöhe, wo sich mal wieder ein göttliches Panorama bietet.
Den gleichen Trail zurück, gehe ich heute auch noch den zweiten Pass an und bin nachmittags am Ausgangspunkt als mir ein Aufseher überraschend mitteilt, dass hier gleich noch ein Bus vorbeikäme. Das wäre es ja, zumal ich mittlerweile unter Durchfall leide, was dann auch nicht so lustig ist. Um Unterkühlung vorzubeugen, laufe ich die Straße weiter und nach eineinhalb Stunden hält tatsächlich ein nagelneuer Sprinter und lädt mich ein, mitzufahren nach Chiquian.
Um sechs Uhr abends bin ich im Hotel und sehr froh über mein privates Bad, diese hohen Pässe scheinen mich doch mehr zu schaffen als mir lieb ist.
Fazit: Ein zweifellos weiteres extrem grandioses Stück Peru, die Landschaft ist fantastisch und ich habe ja nur einen Teil davon gesehen aber es gibt auch Negativpunkte.
Zu früheren Zeiten fanden hier Überfälle auf Wanderer statt, weshalb man ihnen ein wenig Geld abgenommen hat und dafür Zeltplätze quasi mit Bewachung durch die hier siedelnden Bauern einrichtete. Mittlerweile hat sich dies zu einem nervigen, unangenehmen und vor allem unangemessenen Abkassieren entwickelt was bereits im Bus am ersten Ortseingang in Llamac beginnt. Für einen Zeltplatz möchte man mal eben 40 Soles, was 10,- Euro sind, viel für Peru, zuviel.
Dieses Vorgehen zieht sich über den gesamten Trail, alles gegen offizielle Quittung aber trotzdem....
Wie auf dem anderen Trail auch, ist mir die totale Überweidung durch Rinder, die sogar noch auf über viertausend Metern rumlaufen extrem negativ aufgefallen. Natur pur ist da was anderes, zumal es ja auch mit der allgegenwärtigen rumliegenden Kuhscheisse einhergeht. Gesiedelt wird in diesen Ländern halt überall, wo es irgendwie noch geht, da treten solche negativen Begleiterscheinungen eben auf und man ist ja auch nur Gast hier. Vielleicht hat mich die allgegenwärtige Kuhscheisse auch so angeekelt, dass dies der Auslöser für mein Unwohlsein war, ein guter Wasserfilter ist hier auf jeden Fall unumgänglich.
Es waren einige Leute individuell unterwegs aber auch einiges an Gruppen. Diese belegen dann die guten Plätze, wofür man reichlich bezahlt und lärmen einem die Ohren voll, nicht mein Ding. Als Individueller kann man aber durchaus, so wie ich es in der zweiten Nacht getan habe, ein eigenes Plätzchen finden.
Da es früh dunkel und somit kalt wird, eben sobald die Sonne hinterm Berg verschwunden ist, ist man gezwungen, früh ins Zelt zu kriechen und bis morgens um sieben macht das dann 14 Stunden was schon heftig ist.
Nichts desto Trotz, diese Landschaft ist jede Anstrengung und jegliches Leiden wert!
Am Morgen geht es mir einigermaßen und ich überlege, was ich nun mache.
Da in Caraz einer der wenigen richtigen und zudem noch guten Campingplätze des Landes existiert, brauche ich da nicht lang mit mir selbst diskutieren, ich fahre retour und wieder hin, lasse unterwegs noch die Gasflasche füllen, springe schnell auf den Markt zum Frischzeug kaufen und komme auf einen komplett leeren Platz. Herrlich, ich beziehe meinen Stammplatz, mein privates Klo und versuche mich zu erholen.
Tatsächlich kann ich kaum was essen die nächsten Tage und kämpfe weiterhin mit den Folgen der Wanderung, so dass es dann doch etwas dauert aber nach zehn Tagen bin ich Abfahrbereit und neugierig auf Neues.
Ich begebe mich dieselbe schöne Strecke zurück und biege dann vom Hochland Richtung Barranca und somit zur Küste ab. Ich will soweit wie möglich an Lima ran fahren, um die Stadt in einem Rutsch durchqueren zu können. Da die Küstenstraße sehr gut befahrbar ist, beschließe ich 170 Kilometer vor Lima Schluss zu machen und auf einem Platz an einer Lagune zu übernachten. Als ich angefahren komme, traue ich meinen Augen nicht, da steht der Truck von Ilka und Günther die ihre Route umgeschmissen haben und nun in die Großstadt wollen. Da es hier sehr schön und ruhig ist, bleiben wir Tags darauf auch noch hier, dann trennen sich mal wieder unsere Wege und um 11 Uhr fahre ich in die Stadt ein und bin um 12 Uhr durchgeflutscht, supi! Weiter geht es auf der gut ausgebauten Küstenstraße, wobei die Küste selbst mal wieder nichts als Trostlosigkeit und jede Menge Hühner Konzentrationslager zu bieten hat.
Umso mehr überrascht mich bei der Ankunft an der Bamboo Lodge, die bei Pisco liegt, dass es hier viele Vögel gibt und jede Menge Flamingos im Wasser rumstolzieren. Hier an der Kitesurfschule darf man auf dem Parkplatz direkt am Strand stehen und deren Wifi und Klo umsonst benutzen. Das Wetter ist schön und jeden Mittag lichtet sich sogar der Küstennebel und die Sonne kommt hervor.
Außer mir sind noch Malte und Ali aus Hamburg mit ihrem Landrover anwesend und zwei Amerikaner mit 4 Runner und Dachzelt.
Ich fahre in den Paracas Nationalpark, bin aber enttäuscht, da an den Buchten jede Menge Fischer zugange sind, Müll rumliegt und die Sanbuggies sind auch nicht weit. Da ich schon soviele Strände und Sand im Leben gefahren bin, verzichte ich darauf hier weiter vorzudringen und noch weitere Spuren hinzuzufügen.
In Ica fällt mein Aufenthalt kurz aus. Da ich den anvisierten deutlich preiswerteren Camping ums verrecken nicht finde, und auch kein Taxifahrer Rat weiß, lande ich im Innenhof eines überteuerten Hostels. Immerhin direkt an den hohen Dünen und mit dem zweifelhaften Vergnügen, mir den Lärm der zahlreichen Sandbuggies anzuhören die mit den Touristen in den Dünen rumheizen aber die Sanitäranlagen sind Luxus.
Vor Nazca halte ich noch in der Nähe der Straße bei den schönen am Berg liegenden Palpa Figuren, wie erwartet, sind die berühmten Nazca Linien vom Boden oder den aufgestellten Aussichtstürmen nicht wirklich gut zu sehen. Ich würde schon in einen 80,- Dollar Flug investieren, wenn die die Flieger aber so schlampig und sorglos warten, wie sie mit ihrem Müll umgehen oder mit Sauberkeit und Instandhaltung, dann sehe ich da schon bald mal wieder einen abschmieren. Ich möchte mein Leben nicht unbedingt auf den Nazca Linien aushauchen und verzichte deshalb.