Finca Sommerwind, Ibarra, Otavalo, Intac Valley, Mindo, Äquator, Vulkan Cayambe, Papallacta, Misahualli, Banos, Latacunga

An der Personeneinreise ist schon eine ewig lange Schlange und ich bin kurz vor der Ohnmacht, als ich nach geschlagenen eineinhalb Stunden endlich meinen Stempel im Pass habe. Dank der Fünf, die mir zwischenzeitlich mitteilen, wo die Autoeinfuhr stattfindet, geht es ohne Verzögerung dorthin, wo ein routinierter Mensch wenigstens das schnell abwickelt, sodass ich nach zwei Stunden durch bin.

Schnell bin ich versöhnt, als ich über die völlig leeren Tip Top ausgebauten Straßen Richtung Ibarra rolle. Was für ein Unterschied zum Nachbarland, wo man selten mal entspannt fahren konnte.

Auf der unter deutscher Leitung stehenden Finca Sommerwind an der Laguna Yaguarcocha ist grad mächtig was los, denn es ist Wochenende, und das unter Einheimischen und Campern beliebte Cafe` hat geöffnet, die Besitzer Hans und Patrizia haben mit ihrer Crew alle Hände voll zu tun. Auch der Campingplatz ist voll und es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zwischen die Fünf und den LKW von Ulla und Karl zu quetschen.

Dries, der wie ich weiß, es nicht so mit geballtem Deutschtum, welches hier momentan anwesend ist hat, ist entsprechender Stimmung und auch mir erscheint das ein wenig zu viel an Landsleuten auf einem Haufen, sowas hatte ich bisher noch nicht, willkommen in Südamerika.

Auch ich stürze mich erstmal ins Cafe` und Hans, der aus Leer, also quasi bei mir um die Ecke stammt, und damit einer der wenigen ist, der mein Kennzeichen kennt, hört sich meine Sorgen rund ums Auto an und verspricht, in kommender Woche für Abhilfe bzw. Hilfe zu sorgen.

Stefan, mein übernächster, natürlich deutscher Nachbar mit riesigem 6x6 KAT, weist mich ein, nicht ohne Erwähnung des allabendlichen Treffs aufs Bierchen in deutschsprachiger Runde! Samstags findet gemeinsames Essen im großen Kreise statt. Tja, da muss ich dann wohl durch. Ilka und Günther tauchen die Tage auf, sie waren auf Galapagos, während der LKW hier stand und es dauert einen Augenblick bis sie realisieren, dass wir uns ja bereits von Mexiko kennen. Abends gibt es Bilder von den Inseln zu sehen und ein paar Tage später nochmal welche von Marlies und Harry. Dienstag sieht sich Stefan die Leckage an der Zufuhr für die Lenkung an, die schon in Panama rausgenommen und geschweißt wurde und kurze Zeit später bereits erneut undicht war, sodass ich dauernd neues Getriebeöl nachfüllen musste. Das Doppelrohr muss raus und Hans fährt mit mir Ersatz suchen, auch die Gasdruckfeder ist im Gepäck und so lerne ich ausführlich die tolle Ersatzteilstraße von Ibarra kennen.

Zwischenzeitlich, Dries ist mittlerweile voll genervt und will nur noch weg, muss ich mich von den Fünfen endgültig verabschieden. Sie haben noch einen langen Weg und nicht mehr ewig Zeit, wir werden uns auf diesem Kontinent nicht mehr sehen. Karoline, Dries, Myrthe, Kasper, Kobe, es hat mich ausgesprochen gefreut, Euch kennenzulernen und Zeit mich euch verbringen zu dürfen. Ihr seid eine aussergewöhnliche Familie und ich werde euch vermissen, ich wünsche euch bei der weiteren Umsetzung eurer Träume viel Erfolg!

Wo ich es schonmal so handy habe, müsste da noch dringend was am Rost getan werden. Hans weiß Rat und bald stehe ich in einer völlig verdreckten Hinterhofwerkstatt, welche der Erfahrung nach oft die besten sind. Nun ja, der Lackierer ist gut. Ich weiche den Jungs nicht von der Pelle. Das alte Rostproblem an der Tür ist zurück, in Mexiko wurde Pfusch betrieben. Einer fängt also an rumzuflexen und gerade als mir aufgeht, dass die Türgummis nicht entfernt wurden und die Flex viel zu nahe ist, passiert es, dass Türgummi ist durchgesäbelt. Ich bin stinksauer, denn hier sollte nur mal wieder oberflächlicher Pfusch betrieben werden. Palaver mit dem Chef, der ruft Hans an, der auch bald mal erscheint. Ob diese Trottel wissen, dass mich ein neuer Türgummi mal eben 100,- Dollar bei Toyota kostet? Die ausgemachten Kosten für alles was heute gemacht wird sind für mich nicht hoch, verdoppeln sich nun aber trotz Reduzierung die bald ausgehandelt ist. Der Chef verspricht, ein neues Gummi zu besorgen, wer es glaubt, und dieser Fachmann entfernt nun die restlichen Gummis und flext und schweißt unter meinem wachsamen Auge, bis ich zufrieden bin.

Nein, ein neues Gummi gab es natürlich nicht, klar, hätte er dann ja selbst finanzieren müssen, stattdessen könne man das ja wieder zusammen kleben, ich bin begeistert! Chef zieht wieder los und lässt kleben, als er zurückkommt, traue ich meinen Augen nicht. Ein weiterer Volltrottel hat es fertiggebracht, das Gummi beim Kleben zu verdrehen, sodass ich letztlich in einer Ecke eine verdrehte Wurst sitzen habe, ich bin für heute bedient. Mein KAT Nachbar Stefan dagegen, weiß natürlich genau was er tut und nachdem ich mit Hilfe von Hans in einem Laden das Rohr eins zu eins nachgemacht bekommen habe für schlappe 10,- Dollar, der Dollar ist hier Landeswährung, hat er es ruckzuck wieder eingebaut. Auch sonst, wo man schonmal so einen tollen Handyman hat, fällt mir noch jede Menge ein und wir begeben uns weiter auf die Suche nach einer Gasdruckfeder die letztlich bis nach Quito wandert, jedoch ohne Erfolg und diversen anderen Kleinigkeiten. Stefan baut mir endlich eine bessere Hupe ein und fährt mit mir zum Auspufffachmann um ein Zwischenstück einschweißen zu lassen was das Vibrieren verhindern soll, leider letztlich ohne bzw. noch schlimmeren Erfolg. Natürlich kennt Hans auch noch einen guten Zahnarzt, der die längst überfällige Zahnreinigung in einer hochmodernen Praxis für mal gerade 35,- Dollar erledigt und ich unternehme noch mit ihm, seinem Sohn, Patrizias Tochter und der schweizer Helferin einen Ausflug zum Märchenwald, den sehr selten gewordenen Polylepis Bäumen, die zur Familie der Rosengewächse gehören und in den Höhenlagen der Anden zu finden sind, heutzutage meist nur noch in kleinen Schutzgebieten. Sie sollen mit die ältesten Wälder bzw. Wäldchen der Welt sein, bis 3000 Jahre alt, Hans passt da irgendwie perfekt rein, finde ich. Sonntags geht es mit Amerikaner Travis per Bus zum berühmten und tollen Markt von Otavalo. Da das Wetter, bedingt durch die aussergewöhnlich heftige Regenzeit immer noch sehr regnerisch ist, habe ich auch nicht unbedingt die große Eile und so sind es dann doch zwei Wochen, bis ich diesen Platz verlasse und mich von meinen lieben Nachbarn Ulla und Karl sowie Petra und Stefan, Rosemarie und Werner, Travis und vielen anderen netten Leuten verabschiede. Ilka und Günther haben mittlerweile schon den Absprung geschafft aber, was wir noch nicht wissen, wir werden uns in Peru noch oft über den Weg laufen.

Mein Dank gilt den super hilfsbereiten Menschen, denen ich hier begegnete.

Ich begebe mich zur Lagune Cuicocha, die ganz toll sein soll. Mich reisst sie nicht vom Hocker, ein See, umgeben von ein paar grünen Bergen, sodass ich weiter in Richtung Intac Valley fahre. Die Fahrt führt mich mit diversem Auf und Ab durch eine schöne Landschaft mit wieder mal angenehm wenig Verkehr. Da es 50 Kilometer bergige, teils matschige Piste gibt, dauert das Ganze und ich komme nach einem zu langen Fahrtag in Mindo an, wo ich mich für ein paar Tage im etwas ausserhalb gelegenen Hostel auf dem Parkplatz einmiete. Hier ist es tropisch und am Morgen strahlt die Sonne, was ich für stundenlange Spaziergänge in die Umgebung nutze, am Nachmittag fängt es an zu regnen, die Regenzeit ist immer noch nicht vorüber.

Ich würde mir gerne ein wenig den noch vorhandenen Cloud Forrest der Umgebung anschauen und fahre auf guter Piste zur Bellavista Lodge, wo ich auf dem Fussballplatz campen darf und die vielen Wege durch den Bergnebelwald nutze. Es gibt eine Menge verschiedener Kolibris zu bewundern, einige haben weisse Federn an den Beinchen, was mir noch nie aufgefallen ist. Ich wäre scharf darauf, einen der spektakulärsten Vögel, den Cock of the Rock, zu Deutsch, Felsenhahn zu Gesicht zu bekommen, der hier noch leben soll und erkundige mich in der Lodge. Für mich allein soll ein Führer, der die aktiven Plätze kennt, allerdings 130,- Dollar kosten was mir zuviel ist. Obwohl jede Menge Amis mit riesen Linsen in der der Lodge rumlaufen, scheint keiner an einer Tour interessiert. Nun geht es in die Höhe, ich schraube mich die mehr oder weniger gute Piste zum herrlichen Cayambe Vulkan rauf und beschließe, es Wally und der Sportlichkeit zuliebe bei 4000 Metern gut sein zu lassen, dort zu campen und den Rest am Morgen zu Fuss zurückzulegen. Am Morgen bin ich nach eineinhalb Stunden Wanderung die restlichen 600 Meter bei Sturm aufgestiegen und just als ich oben bin, machen die Wolken dicht und ich sehe vom umliegenden Gletscher nichts mehr. Auf dem Weg nach unten, lüftet der Cayambe die Wolken und ein strahlend weißer Vulkan mit grüner Wiese auf der schwarz/bunte weiden erfreut mein Auge. Auf dem Weg zurück zur Finca Sommerwind, schaue ich noch beim Äquator Monument vorbei.

Den Äquator habe ich schon auf dem Weg nach Mindo überquert und in Afrika ja sowieso schon einige Male, trotzdem, immer wieder schön, nun also Südhalbkugel. Die Finca ist immer noch nördlich davon und, keine Überraschung, es hängen immer noch dieselben Leute hier rum. Der Grund, warum ich nochmal für ein paar Nächte zurückkehre ist, dass die ausgebaute Gasdruckfeder nicht aus Quito zurück war als ich abreiste, vielleicht brauche ich sie aber nochmal zum Herzeigen. Dann gibt es eben nochmal ein Stück lecker Kuchen und nette Gesellschaft.

An den Papallecta Thermal Springs, darf man auf dem Parkplatz stehen. Die Thermen sollen auch schön sein, doch ich habe keine Lust. Wally hat es zu meiner Erleichterung ganz gut über einen 4000er Pass geschafft und am Abend leuchtet mir noch der herrliche 5758 Meter Vulkan Antisana entgegen.

Ich bewege mich Richtung Osten, heißt, Amazonas. In Misahualli stelle ich mich an ein Resort. Am Morgen schaue ich mir kurz das Städtchen an, wo jede Menge wilde Affen, die total verlaust aussehen versuchen, an die Leckereien in der Bäckerei zu gelangen. Ich fahre ein Stück Piste, um an einen Fluss zu gelangen, von wo ich auf einer kurzen Bootsfahrt die Tierauffangstation Amazoonico erreiche. Dort führt mich gegen eine kleine Spende ein Stuttgarter Helfer durch die Anlage, um mir die verschiedenen Schicksale der Bewohner zu erklären, eine unterstützenswerte Sache, natürlich sind viele Tiere nicht in der Lage, in die Wildnis zurückzukehren, doch ich habe das Gefühl, es wird sich gut gekümmert. Dank der Käfigstreben, misslingen die meisten Fotos.

Auf dem Weg zurück, entdecke ich ein Schild „Camping“ und biege ab. Zu meiner Überraschung werde ich auf Deutsch begrüßt von einer Österreicherin, die einen Ecuadorianer geheiratet hat. Zum Glück frage ich nicht, ob sie die Anlage grad erst übernommen haben, denn es sieht recht runtergekommen aus. Wie ich später erfahre, sind sie schon sieben Jahre hier. Wie man damit Geld verdient, weiß ich nicht, auf jeden Fall sind sie sehr nett und fahren zum shoppen, um mich mit den riesigen, furchteinflössenden Bluthunden allein zu lassen, die eine Stunde vor mir stehen und versuchen mich einzuschüchtern, irgendwann geben sie es auf und betteln mich an.

Dem Amazonas in Ecuador wurde viel Schaden zugefügt. Die Firma Texaco hat zwischen 1964 und 1992 gigantische Mengen Öl in diesem hochsensiblen Gebiet gefördert, wobei 18 Billionen Gallonen toxisches Abwasser, davon 18 Millionen Gallonen Öl ins Erdreich flossen, was dem Doppelten des Unglücks der Exxon Valdez in Alaska entspricht! Umweltexperten sprechen vom größten Umweltdesaster aller Zeiten im Zusammenhang mit Öl. Vielen Indigenen sind bis heute ihre Lebensgrundlagen versaut und natürlich geht alles munter weiter seinen Weg, Schutzgebiete hin oder her, auch eine Ölpipeline gibt es irgendwo, alles schwer, bis gar nicht kontrollierbar. Mich reizt es daher nicht, hier weiter vorzudringen. Tourismus existiert und das ist für die hier Ansässigen natürlich gut. Auch die Chinesen versuchen möglichst viel der Ressourcen abzugreifen, im Gegenzug gibt es gute Strassen, die dann aber irgendwann wieder in den Gammelzustand übergehen, weil sie nicht oder schlecht gepflegt werden.

Weiter geht es südlich durch nette Landschaft bis zu Regines Cafe`, welches hoch über Banos liegt. Seid dreißig Jahren ist sie mit ihrem Mann in Ecuador und hat sich hier in dieser tollen Anlage künstlerisch ausgetobt. Gegen ein leckeres Essen darf ich auf dem ruhigen Parkplatz übernachten.

Weiter geht es Richtung Cotopaxi. Bevor ich mich in den Nationalpark aufmache, hätte ich gern noch eine heiße Dusche und lande bei einer etwas runtergekommenen Anlage unter schweizer Führung, von denen aber niemand anwesend ist. Dafür gibt es gleich vier Bernhardiner, die recht mager sind und mich den ganzen Abend anbetteln.

Ecuador gefällt mir ausgesprochen gut, superbilliger Diesel für 1,02,- Dollar die Gallone (knapp 4 Liter), ich würde gern mehr bezahlen, würde es der Umwelt dienen. Nette und doch zurückhaltende Menschen, gute Hauptstraßen, kaum Bezahlstationen und wenn, dann kostet es nur einen Dollar und kein Unterschied zwischen Einheimischen und Gringos, der Eintritt in die Nationalparks ist frei für Alle und Camping auch! Die Importsteuern sind allerdings enorm, so sollte ein Bremszylinder das vierfache zu Deutschland kosten, allerdings bei Toyota, die ja sowieso Mondpreise haben.

Da Wally ja noch bremst, lege ich das erstmal auf Eis. Das Land soll die schlechteste Umweltbilanz in Südamerika haben, auch wegen der Abholzung, gut möglich, Wald gibt es kaum noch, allerdings sieht es in Kolumbien auch nicht besser aus. 

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