Vom Sajama National Park ist der Grenzübergang recht schnell erreicht. Im nagelneuen, gemeinschaftlichen Grenzgebäude von Bolivien und Chile auf viereinhalb Tausend Metern gelegen, ist nicht besonders viel los, sodass es recht flott vonstatten geht. Das Aufessen sämtlicher Frischwaren hätte ich mir sparen können, denn die chilenischen Grenzer werden ihrem strengen Ruf nicht gerecht, weil sie offensichtlich keinen Bock haben ins Auto zu steigen und den Wagen zu filzen. Da es auf der anderen Seite nichts als menschenleeres Altiplano gibt, heißt es für die kommende Woche hier oben auf Grünfutter zu verzichten.
Da Bolivien im sogenannten Salpeter Krieg mit Chile 1879 bis 1883 seine Küste verlor, und somit über keinen eigenen Hafenzugang mehr verfügt, findet heute fast die gesamte Versorgung des Landes über die relativ grenznahen nördlichen chilenischen Hafenstädte Arica, Iquique und Antofogasta statt, dementsprechend stark ist der LKW Verkehr. Die Strecke wird ausgebaut, doch sieht es so aus, als könne sich das noch sehr viele Jahre hinziehen, langsames Vorankommen mit stop and go, viel Warterei in langen LKW Schlangen ist die ersten paar Stunden angesagt aber die Landschaft ist Altiplano Typisch spröde/schön und so ganz nach meinem Geschmack.
Ich nehme die erste Piste nach Süden, immer parallel zur Grenze Boliviens und komme bald mal an die erste wohl temperierte heiße Quelle, aus der ich mir Wasser zum Haare waschen besorge, herrlich.
Ich biege Richtung Salar de Suire, einem großen Salzsee ab. Auf der Piste herrscht plötzlich recht viel LKW Verkehr und obwohl dieses Gebiet unter Schutz steht, wird auf einem Teil der Salar im großen Stil Borax abgebaut und damit zur großen Schädigung dieser einmaligen Welt hier oben beigetragen. Im Gegensatz zu den unmöglichen Tour Fahrern auf der Lagunen Route, sind diese Fahrer extrem rücksichtsvoll, drosseln das Tempo und winken meist noch freundlich.
Ich suche mir ein feines Plätzchen südlich des Abbaugebietes unmittelbar an der Salar mit tollen Blick auf die Berge. Flamingos und Vicunas, die wilden Verwandten des Lamas gibt es reichlich in der Umgebung wenn auch scheu.
Weiter geht es über recht gute Piste zum heißen bis kochenden Wasser der großen Polloquere Quelle. Eine tolle Ecke, in der es sich durchaus mit dem ganzen heiß Wasser vor der Tür länger aushalten ließe aber es treibt mich im sehr gemächlichen Tempo über einsames Hochland weiter.
Ein paar winzige, komplett aufgegebene Siedlungen kreuzen meinen Weg, sonst nichts.
Zu schnell für meinen Geschmack erreiche ich die Asphaltstraße die zur nahe gelegenen Grenze bei Colchane führt, biege jedoch nach 20 Kilometern wieder ab Richtung Süden auf beste, gepflegte, einsame Piste.
Schnaufend und im ersten Gang eiern wir bzw. Wally über einen 4900 Meter hohen Pass und auf der anderen Seite wieder runter.
Ein weiteres tolles Camp schlage ich an der Salar de Huasco auf. Wie so oft auf dem Altiplano, ist es morgens meist fast windstill, sodass man auf weit über 4000 Metern und der extrem starken Sonneneinstrahlung auch mal den Stuhl heraus holen kann bis gegen Mittag der Wind langsam aber sicher zurückkehrt, um nachmittags wieder Sturmstärke zu erreichen. Dann kann man sich nur noch nach Drinnen zurückziehen wo es dank der Sonne dann angenehm warm wie in einem Wintergarten ist. Zu tun gibt es immer reichlich, Planen, Kochen, Lesen, Reisebericht schreiben, Bilder sortieren und in solch toller, einsamer Umgebung macht mir das doppelt Spaß, zumal die Batterie über Solar geladen immer voll ist und somit genügend Strom für den Laptop liefert.
Ich begebe mich zurück auf beste Asphalt Straße und verliere fast die gesamten Höhenmeter um am Nachmittag bei Humberstone mein Camp für eine Nacht auf dem Parkplatz aufzuschlagen.
Humberstone war eine große Oficina, heißt, eine Abbaustelle während des Salpeter Booms wo von 1872 bis 1960 das für die Schießpulver Herstellung benötigte Salpeter zutage gefördert wurde.
Es ging hier zu wie in einer Kleinstadt mit allem Drum und Dran. Es gab Kino, Schule, Arbeiterbehausungen am Rande des Abbaugebietes. Sehr schön, hier durch zu schlendern und sich das damalige Treiben vorzustellen.
Ich fahre die restlichen Höhenmeter hinunter nach Iquique, wo ich endlich meinen Kühlschrank neu mit Frischzeug bestücken, sowie Tanken und Geld ziehen kann.
Für zwei Nächte stelle ich mich südlich der Stadt an eine Paragliding Schule inklusive Hostel, wo es auch ein paar Stellplätze, mieses Wifi, und einen Blick aufs unter mir gelegene Meer und hohe Appartement Komplexe gibt.
Ich nehme die Asphalt Straße nach Süden. Eingequetscht zwischen Pazifik rechts und dem hoch aufragenden, kahlen 600 Meter hohen Küstengebirge links, geht es auf bester Straße durch dünn besiedelte Gegend.
Hier bietet es sich an, für einige Tage einen schönen Platz zu suchen, zumal es angenehme 30 Grad sind. Auf verschiedenen kurzen Abstechern versuche ich einen guten Platz zu finden und bin entsetzt, wie vermüllt die meisten Ecken sind. Während der Ferienzeit nutzen die Chilenen diese wirklich schöne Küste offenbar häufig für Ausflüge und zum Campen. Ich hatte in diesem Land eigentlich einen fortschrittlicheren und sensibleren Umgang zum Thema Müll erwartet und werde tief enttäuscht. Anstatt ihren Dreck wieder mit nach Hause zu nehmen, entsorgt man offensichtlich gleich alles vor Ort, damit auch die nachfolgenden Besucher noch etwas davon haben. Auch ganze LKW Ladungen von anderem undefinierbarem Zeug werden in dieser herrlichen Natur gern mal abgeladen, was für eine Schande.
Die Küste gefällt durch kleine versteckte Strand und Fels Buchten und eine artenreiche Tierwelt über und unter Wasser.
Je näher man Antofagasta kommt, umso wüstenhafter wird es. Bereits lang vor der Stadt biege ich ins Landesinnere in Richtung 5 ab, wo die Temperatur auf fast 40 Grad hochschnellt.
Ich bringe die Strecke recht schnell hinter mich, da es einfach nur öde und viel zu heiß ist. In Arica, der nördlichsten Stadt, mache ich einen Rundumschlag im Supermarkt und begebe mich dann noch einmal Richtung Osten in die Umgebung von Putre. Hier suche ich mir einen schönen, einsamen Platz für einige Tage und genieße erneut die Stille, die Vicunas die vorbei ziehen und den Anblick auf die Vulkane der Umgebung. Nachts geht es bis auf Minus 8 Grad runter, tagsüber herrscht strahlende Höhensonne.
In Putre kann ich für kleines Geld eine Dusche bekommen und Wifi gibt es an der Plaza. Noch einmal geht es zurück zum alten Platz, bevor ich den Weg zurück zur Küste und den nahen Grenzübergang nach Peru in Angriff nehme.
Es gibt eine lange Schlange am Grenzgebäude und Geduld ist angesagt, bevor ich die nötigen Papiere in der Tasche habe. Zum Schluss gibt es eine sehr positive Überraschung bei der Autoeinfuhr. Ich sitze kaum in deren Büro mit allen möglichen gezückten Dokumenten in der Hand, da liegt das Papier bereits vor mir, einfach so mit den gespeicherten Daten ausgedruckt, es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Auch der Mensch von der Autoversicherung zieht in Windeseile einen Versicherungsschein aus der Schublade und ich sehe zu, dass ich durch die Grenzstadt Tacna komme, um unmittelbar danach wieder in die wüstenhafte Hochebene zu klettern.
Die Strecke, die ich die nächsten Tage nach Norden fahre, ist sehr schön, einsam und hat wenig Verkehrsaufkommen. Lange bevor ich auf die Hauptachse Richtung Puno stoße, geht es noch einmal wunderschön durch abgelegene Dörfer und auf einer Piste durch Vulkanlandschaft, ein weiteres feines und völlig unbekanntes Stück Peru.
Erneut lande ich am Titicacasee, der Kreis schließt sich. Ich kurve am See entlang bis kurz vor Puno, wo ich mich für zwei Tage an ein Hostel stelle. Nach einer weiteren Zwischenübernachtung erreiche ich am 1.Dezember erneut Cusco. Hier herrscht aktuell tolles Sommerwetter und es ist nicht viel los auf dem Campingplatz. Ich genieße noch ein paar relaxte Tage, bevor mich mein Flug am 7.12 über Lima nach Ecuador bringen wird, wo ich gemeinsam mit meiner Mutter das Flugzeug nach Galapagos besteige.
Nach Galapagos geht es HIER
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