Mein nächster Übernachtungshalt ist schon eine Stunde von Oaxaca entfernt bei Hierve del Agua. Hierbei handelt es sich um Naturpools geformt durch Mineral und kalkhaltiges Wasser hoch in den Bergen auf 2000 Metern in eine schöne Landschaft gebettet. Recht beliebt bei Tourgruppen und Einheimischen, ist mir das Wasser jedoch zur Zeit zu kalt für ein entspanntes Bad.
Weiter geht es durch die Berge in südöstlicher Richtung. Bald nehme ich eine deutliche Veränderung der Luftfeuchtigkeit wahr und komme von nun an schneller ins Schwitzen, der tropische Teil des Landes ist erreicht. Ich quere die Grenze nach Chiapas und laufe im bei Reisenden so beliebten San Cristobal de las Casas ein. Der Campingplatz ist gut gelegen, ruhig und der Ort ist zu Fuß erreichbar. Dieser ist nett her gerichtet, mir aber deutlich zu touristisch. In den Gassen des Zentrums gibt es alles was mich nicht interessiert, nämlich hauptsächlich überteuerte Restaurants und Souvenir Läden, der Bleigehalt in der Luft, der durch die Häuserwände in den engen Gassen schön lang stehen bleibt, ist mir auch zu hoch. Außerdem fängt es an zu regnen und das die nächsten Tage fast ununterbrochen.
Die Kanadier die mit mir auf dem Platz stehen raten mir ab, die Strecke von hier bis Palenque an einem Tag bewerkstelligen zu wollen obwohl das gar nicht so weit ist. Ein guter Tipp wie sich herausstellt, denn die schöne Strecke durch die Berge wartet mit einer überdurchschnittlich hohen Zahl meiner geliebten Topes auf. Es ist erst Mittag und nach weniger als der Hälfte habe ich mehr als genug und biege zu der kleinen Ruinenstädte Tonina ab, wunderbar im Dschungel gelegen und sogar kostenlos zu betreten. Die Landschaft mit grasenden Kühen könnte genauso gut im Allgäu sein. Ich durchstreife die kleine Anlage und ziehe mich dann auf den in den in der Nähe gelegenen kleinen Campingplatz zurück, genieße einfach nur die Umgebung und erlebe eine absolut ruhige Nacht, keine Selbstverständlichkeit in diesem Land. Am nächsten Morgen durchquere ich das rührige Städtchen Ocosingo um wieder auf die Durchgangsstraße zu gelangen, als ich am Ortsausgang plötzlich in einem Stau stehe. Als ich näher rücke sehe ich, dass auf der Straße dicke, fette Nagelbretter liegen und der Stau von der anderen Seite noch viel länger ist. Alle verhalten sich ruhig während ein Typ dem Fahrer der unmittelbar vor dem Nagelbrett steht, eine Art Spendenbüchse unter die Nase hält. Ich beobachte, was der Vordermann dort rein wirft. Eine Münze, also nicht mehr als zehn Pesos, dann erhält er irgendeinen Wisch und die Bretter werden zur Seite gezogen. Sicher alles für die benachteiligte indigene Bevölkerung oder auch nicht. Das Bürschchen hält mir die Dose hin, ich will zehn Pesos rein werfen, er zieht zurück und sagt irgendwas, da kommt ein weitere Jungspund angerannt und sagt „Hundert Pesos“ (5,- Euro) und das kann er sogar auf Englisch. Ich muss mich stark zusammen reißen um nicht laut los zu lachen, so lächerlich ist das. Er kann es nicht fassen, dass ich mich weigere und lächelnd auf die wie aus einem Recorder klingende Wiederholung seiner Forderung mit einem deutlichen NO antworte. Nach drei Minuten wirft er das Handtuch und mir den ollen Wisch zu den ich gar nicht haben will und Tschüss.
Chiapas ist anders, wie sich auch in den kommenden Stunden zeigen wird. Von den Millionen oft unsinnig platzierten Topes mal abgesehen, durchquere ich eine Region in den Bergen, die mehr afrikanisch anmutet, springen dort doch aggressive Kinder auf der Straße rum und spannen Schnüre um einen zum Anhalten zu bewegen und anzubetteln, ein Verhalten, total untypisch für die sonst so liebenswerten mexikanischen Kids. Ich denke gar nicht daran auch nur den Fuß vom Gas zu nehmen und meistens schaffen die lieben Kleinen es noch, die Schnur rechtzeitig fallen zu lassen. Einmal sind sie zu langsam und ich reiße sie mit, die Schnur, nicht die Kids, großes Geschrei und schon bin ich um die nächste Kurve. Auf dem Campingplatz bei Palenque stelle ich fest, dass sie noch vorn am Kühler hängt und es sich um eine dünne Liane von einem Baum handelt. Damit nicht genug, sitzen einige alte Frauen an einer Seite der Straße, halten auch eine Schnur in der Hand die auf der anderen Seite irgendwo festgebunden ist. Sehen sie ein vielversprechendes Opfer, wird diese blitzschnell hochgezogen. Ihnen bleibt jedoch ein Verlust erspart, da ich mich immer hinter einem Minibus Taxi befinde, welches sie nicht versuchen zu stoppen.
In Palenque steigt jeder am Camping Mayabell ab, so auch ich, Alternativen gibt es nicht wirklich und ich hatte gehofft, einen Platz mit einigermaßen Wifi vorzufinden um hier auch Weihnachten zu verbringen, Fehlanzeige, die haben noch nicht mal Türen vor den Klos.
Ich laufe am Nachmittag erst mal zum Eingang der Ruinen Stätte um mir die Beine zu vertreten und bin am Morgen früh dort um den Massen aus dem Weg zu gehen und einen Parkplatz ganz vorne zu ergattern. Leider ist die Sonne hinter dickem Nebel was zwar eine unglaublich mystische Stimmung erzeugt aber keine Bilder zu meiner Zufriedenheit, somit warte ich, bis sich die Sonne doch noch durchkämpft. Eine nette Anlage, die leider etwas überlaufen ist. In der Nacht um eins toben sich die Herren der Brüllaffen Schöpfung so richtig aus und brüllen eine Stunde was das Zeug bzw. die Kehle her gibt.
Die Strecke von Palenque nach Chetumal ist so gut zu befahren, dass ich schneller als gedacht in Calderitas, nördlich von Chetumal ankomme und sogar pünktlich zu Weihnachten noch Zuhause durch klingeln kann. Der Campingplatz liegt direkt am Wasser, es ist kaum jemand da und es herrscht Sturm und nächtlicher Regen. Ich lasse es gemütlich angehen und noch glaube ich, dass es sich bei dem Wetter nur um ein Tief handelt, ist doch nun eigentlich Trockenzeit, keine Hurricane Saison und somit die beste Jahreszeit oder etwa nicht?
Mittlerweile steht Silvester drohend vor der Tür und ich will nur eines, ein ruhiges, abgelegenes Plätzchen ohne Bomben, Sturm, dröhnende Musik und laute Menschen. Ich weiß, sobald ich die Gegend von Tulum erreiche ist Schluss mit lustig. Hotels und Massentourismus sind von dort bis Cancun angesagt. Ich biege zur Küste Richtung Majahual ab, ein Örtchen, gelegen an einem noch sehr unberührten, langem Küstenabschnitt wo man allerdings eine Anlage für Kreuzfahrtschiffe aus dem Boden gestampft hat. Dort fahre ich nach Norden, die Küste ist sehr unzugänglich aber nach dreißig Kilometern auf Asphalt, hier hat man offensichtlich noch was vor, und einiger Sucherei finde ich eine Piste die zum Strand führt und mir ein schattiges Plätzchen ohne irgendwas drum herum bietet, außer einige wenige Ferienhäuser in ausreichendem Abstand. Ich richte mich ein und bin sehr zufrieden diesen Top Platz gefunden zu haben. Strand ist nicht wirklich viel vorhanden und das was da ist, ist komplett zugemüllt. Der Anblick ist absolut schockierend, Plastik und nochmal Plastik liegt hier auf einem Streifen von vier bis sechs Metern gestapelt. Plastikflaschen, Verschlüsse und eine unüberschaubare Anzahl von Plastik Badelatschen, leider immer nur einer von jeder Sorte bilden das Gros des mit Seegras vermischten Zivilisations Mülls. Plastik, die Geißel der Menschheit. Schaut man auf die Strömung und die Windrichtung, kann es nur aus der elitären Karibik kommen. Mit ein paar Freiwilligen ist hier nichts mehr zu retten, da müsste schweres Gerät her. Dieser Strand zeigt mal wieder allzu deutlich, was für ein Schwein der Mensch ist und er rennt sehenden Auges immer weiter ins Verderben. Das Frustrierende ist, dass sich nichts ändern wird, Profitgier, Ignoranz und Bequemlichkeit wissen das zu verhindern.
Nichts desto Trotz, ich überstehe Silvester hier wunderbar und begebe mich nach Tulum. Hier geht es sehr geschäftig zu und nachdem ich vergeblich versucht habe irgendwo unter zu kommen, das tolle Wasser lädt durchaus zum Bleiben ein, begebe ich mich südlich in eine Art Schutzzone und finde einen Platz, wo ich gerade so zwischen die Palmen passe. Hier, abseits der Hotels, räumt niemand den Strand auf und mir bietet sich ein irrwitziger Anblick wie die Camper es sich hinter dem riesen Müllstreifen bequem machen. Vermutlich ist das alles reine Gewohnheitssache und erscheint den meisten irgendwann normal. Ich begebe mich nach Cancun und ein paar Tage später kann ich meine Mutter pünktlich am Flughafen empfangen. Am nächsten Tag shoppen wir ausführlich im Wal Mart und begeben uns dann ins zweieinhalb Stunden entfernt gelegene El Cuyo im Norden der Halbinsel, wo wir es die nächsten zweieinhalb Wochen gemütlich angehen lassen wollen. Das kleine Kaff verfügt über ein paar am Strand gelegene Ferienhäuser, wir haben eines der schönsten angemietet wie sich raus stellt, und einen kleinen Fischereihafen von wo die Fischer in kleinen Nussschalen hinaus fahren. Ein paar staubige Straßen, ein paar kleine Lädchen, wir sind froh, so viel eingekauft zu haben. Die Fischer überlassen uns einige leckere Doraden und wollen nichts dafür haben, wir legen die meisten in das Gefrierfach und sind erst mal versorgt. Das Wetter entpuppt sich als sehr gemischt, von Sturm und Regen und sehr viel bedecktem Himmel bis zum ein oder anderen perfekten Tag ist alles dabei. Wir erfahren, dass dies normal für diese Jahreszeit ist, es im Sommer dafür fast vierzig Grad und wolkenlosen Himmel hat, wer hätte das gedacht. Diese Zeit ist auf jeden Fall ideal für Kitesurfer und warm genug ist es uns meistens auch, es sei denn, es herrscht mal wieder Sturm.
Gut erholt begeben wir uns über die Dörfer weiter westlich und bekommen einige der wunderschönen Flamingos zu Gesicht, die deutlich mehr rosa und größer sind als die Kollegen die ich in Afrika sah. Merida ist dann auch schnell abgehakt und wir fahren nach Süden zur kleineren und wenig besuchten Mayapan Ruine und schauen uns auch noch Kabah an, eine weitere kleine aber sehr schöne Anlage. Es ist mal wieder bedeckt und regnet wie aus Kübeln. Wir übernachten am nicht weit entfernten Uxmal um am Morgen den Massen zu entgehen und gleich um acht hinein zu kommen. Die große Anlage gefällt uns ausgesprochen gut. Nachdem wir zwei Nächte bei Österreicher Harald im sehr schönen Izamal mit seinen gelb gestrichenen Häusern und dem großen Kloster das aus dem eigens dafür zerstörten Maya Tempel erbaut wurde verbracht haben, zieht es uns weiter nach Chitchen Itza. Die Anlage toppt jeglichen Eintrittspreis mit 235 Pesos, ist auch nett aber unser Favorit ist Uxmal. Wir besuchen zwei der Cenoten, unterirdisch gelegen und mit Süßwasser gefüllt, für die Yucatan berühmt ist, es ist herrlich, in dem kühlen, klaren Wasser zu schwimmen, Mutter geht nicht rein, zu kalt. Von Valadolid geht es südlich zur Laguna Baclar, wo diesmal deutlich weniger Wind herrscht als bei meinem letzten Besuch. Die Lagune erstrahlt in ihren schönsten Farben.
Weiter geht es zum Campingplatz in Calderitas den ich ja schon von Weihnachten kenne und der auch Mutter gefällt, so dass wir drei Tage bleiben bis wir uns aufmachen, zur nah gelegenen Grenze nach Belize.