Die große Runde-Utah again and again, weißer Frühling, Tierkinder und dampfende Erde

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Auf dem Highway Richtung St.George,Utah, begleitet uns mal wieder extremer Wind der natürlich von vorne kommt und uns vor allem bergan merklich ausbremst, die lädierte Frontscheibe bewegt sich unter dem Druck besorgniserregend. Wir biegen auf eine Piste die uns über ein Hochplateau weiter in Richtung Kanab bringt, müssen jedoch feststellen, dass dies nicht die beste Idee war, da uns durch den Wind der Dreck um die Ohren geschleudert wird der durch alle Ritzen dringt, außerdem ist es kalt und wir sind ausnahmsweise froh, wieder Asphalt zu erreichen.

Am kommenden Morgen stehen wir wieder mal hoffnungsvoll bei der Wave Lotterie, wie immer nicht alleine, weitere fünfundachtzig Leute sind anwesend, am nächsten Tag dasselbe Spiel, zwischenzeitlich fängt es sogar an zu schneien aber wir machen eine schöne Wanderung in der Umgebung und vertreiben uns den Rest der Zeit in der kleinen Bücherei am Laptop und verlassen das Städtchen natürlich wieder ohne Permits Richtung Page, um im Catstair Canyon nahe der 89 einige Felsritzungen zu suchen und die Toadstools, braune Hoodoos anzuschauen. Nachdem es in der Nacht kräftig weiter geschneit hatte, sind wir nun froh, dass es langsam etwas wärmer wird.

Als wir von den Toadstools kommen sehen wir neben der Straße einen Van stehen der sich im Sand eingegraben hat. Logisch, das der „gelbe Engel“ John eine Vollbremsung hinlegt und die junge Frau ans Seil hängt. Sie wollte nur mal kurz für kleine Mädchen.

In Big Water biegen wir Richtung Smoky Mountain Road ab, eine Piste, die wir noch nicht kennen und die sich mit ihrer fantastischen Streckenführung mal wieder als Volltreffer entpuppt.

Sie windet sich hoch auf ein Plateau, der Blick vom Kelly Grade Overlook ist toll, wir campen am Ende einer kurzen Piste mit Blick auf einen Canyon der von uns Little Grand Canyon getauft wird.

Ein Stückchen weiter stoßen wir auf die Coal Seam Fires, ein Gebiet, in dem es durch die Unterirdisch vorhandene Kohle auf natürliche Weise brennt und aus diversen Löchern qualmt.

Wir schlängeln uns weiter durch eine tolle Canyon Landschaft bis wir irgendwann auf unser altes Betätigungsgebiet, die Hole in the Rock Road stoßen.

Wir besuchen unter anderem die Bow Arch und fahren die Piste diesmal bis zum Ende wo wir auf den Lake Powell stoßen, dort haben sich einst 230 Mormonen über den damals noch nicht gestauten Colorado und eine extrem steile Spalte, eben das „Hole in the Rock“ einen Weg in neue Siedlungsgebiete erschlossen. Sie bearbeiteten diese Spalte mehrere Monate und brachten Seilzüge zum Einsatz um die Planwagen dort hinunter zu bekommen und setzten dann mit einer selbst gebauten Fähre über. Wenn man hier oben steht, kann man es nicht glauben das sie dies geschafft haben, eine unglaubliche Leistung die sie ohne Verluste bewältigten.

Der Abstieg hinunter zum Lake Powell ist viel zu steil für mich, John verschwindet schnell in der Spalte und ward nicht mehr gesehen, ich vermute, dass er erst mal ein ausgiebiges Bad dort unten nimmt und somit laufe ich über das Plateau zum Rand und werde dort mit fantastischen Blicken auf die Umgebung belohnt.

Unser Vorhaben, dieses Jahr den Escalante River mit dem Packraft zu befahren löst sich in Escalante dann schnell in Luft auf. Wir checken den Wasserstand und reden lang mit dem Experten im Outdoorladen. Der Wasserstand ist aufgrund des fast schneelosen Winters in den Bergen und damit kaum vorhandener Schneeschmelze selbst für unsere Rafts zu niedrig so das wir das Vorhaben abblasen müssen.

Wir verlassen Escalante über die landschaftlich grandiose Strecke Richtung Boulder und fahren diesmal von dort weiter auf Asphalt über den dreitausend Meter hohen Pass, wo alles schneefrei ist, der Frühling Ende April aber noch lang nicht Einzug gehalten hat. Vom kleinen Kaff Torrey ist es nur noch ein Katzensprung in den Capitol Reef National Park wo wir unter anderem bei Chimney Rock und Hickman Bridge schöne Wanderungen unternehmen. Kurz hinter dem Parkausgang biegen wir auf die Hartnett Road, die zunächst ziemlich langweilig ist bis wir uns dem Cathedral Valley nähern wo wir auf zweitausend Metern auf einem kostenlosen Campingplatz übernachten. Das Cathedral Valley mit seinen Felskathedralen, Temple of the sun und moon ist mal wieder Utah vom Feinsten. Eine weitere Piste Richtung Moab müssen wir uns abschminken, da starke Regenfälle gemeldet sind und wir nicht riskieren wollen irgendwo fest zu hängen, da diese Pisten bei Regen mit Sicherheit unpassierbar werden.

Zehn Kilometer vor Moab finden wir eine uns noch nicht bekannte Gegend zum frei Campieren die natürlich auch anderen bekannt ist. Da Wochenende ist, müssen wir sie uns mit vielen Quad und Mountain Bike Fahrern teilen, am Wochenanfang wird es dann aber deutlich ruhiger. Mal sehen, wie lang es noch dauert, bis auch dieses Gebiet für Wild Camping gesperrt wird. Nicht zuletzt liegt es natürlich an den Campern selbst alles sauber zu halten. Ein heikles Thema ist das der nicht vorhandenen Toilette bei den zahlreichen Zeltern und kleineren Camping Fahrzeugen.

Moab ist einfach eine klasse Basis für Unternehmungen in der spektakulären Umgebung, die nicht nur mit zwei der berühmtesten Nationalparks nämlich Arches und Canyonlands glänzt, sondern auch außerhalb ein unendliches Betätigungsfeld bietet. So nimmt John sein Mountainbike und befährt einige der berühmten Slickrock Trails. Dort würde ich vermutlich in kürzester Zeit verunglücken, deshalb halte ich mich auf Asphalt und radel entlang der Straße zum Canyonlands National Park. Wir besorgen uns ein Permit für die Wanderung durch das Fiery Furnace Gebiet im Arches National Park, welches vom Massentourismus nicht berührt ist. Den ganzen Tag verbringen wir in diesem spektakulären Irrgarten in dem es keine markierten Trails gibt. Dank unserem bzw. Johns gutem Orientierungssinn finden wir die komplette Passage durch das Labyrinth.

Zwei weitere Versuche den Ersatzradhalter zu verstärken scheitern an null Durchblick und exorbitantem Preis. Des weiteren erhalte ich Unterricht in Fahrrad Reifen flicken und einen Einführungskurs, wie ich meinen Neuerwerb, den Benzin Kocher in Gang bringe. Nun weiß ich auch, warum ich die letzten zwanzig Jahre keines dieser Höllenteile erworben habe.

In Richtung Canyonlands fahre ich mal kurz auf Piste und habe gleich hinten und vorne Dornen im Fahrradreifen eingefahren, nach der Reparatur ist morgens schon wieder ein Reifen platt, also erneut ran. Nachdem ich solch lästige Dinge mein halbes Leben lang gerne Opa und anderen greifbaren Männern überlassen habe, bin ich nun doch happy dies zu lernen. Nach zehn Tagen verlassen wir mein trotz der überhand nehmenden Quad Massen so geliebtes Moab und fahren entlang des Colorado und Fisher Towers Richtung Highway um uns am Morgen auf diesen zu begeben und auf schnellstem Wege nach Denver zu gelangen. Es geht stramm nach Osten und Wally muss sich über mehrere hohe Pässe auf dem gut ausgebauten Highway durch berühmte aus dem Boden gestampfte Skiorte wie Vail quälen. Hier oben liegt noch ein wenig Schnee und der Frühling ist nicht in Sicht. Denver empfängt uns mit grauenhaftem Regenwetter und dann geht alles ganz schnell. Ich setze John am Flughafen ab und bin nun nach einem gemeinsamen Jahr wieder allein unterwegs.

Nach einer recht guten Nacht unweit des Flughafens am Flying J Truckstop, schaue ich noch kurz im Rei Outdoorladen und in der Innenstadt vorbei. Diese haut mich nicht vom Hocker, man kann sich einen Besuch sparen, es sei denn, man ist aus aus anderen Gründen hier. Denver ist mittlerweile zur Kifferhauptstadt des Landes avanciert seit Anfang 2014 jeder legal Marihuana kaufen und konsumieren kann, allerdings im stillen Kämmerlein, nicht öffentlich. Es gibt mittlerweile Veranstalter die ihre aus dem ganzen Land angereisten Kunden mit Limousinen zu den besten Läden fahren, während der Fahrt geht der Joint rum. Als sie ihre Tore öffneten wurden diese Läden regelrecht gestürmt. Die Vorhersage, die Kriminalität würde ansteigen hat sich nicht bewahrheitet, im Gegenteil, sie ist um 25 Prozent gesunken und die Steuereinnahmen sind immens gestiegen. Als wir auf dem Highway im Randbezirk von Denver im Stau standen drang dieser widerlich süßliche Geruch der Cannabis durch die Fenster, hier werden die Pflanzen unter strenger Kontrolle gezogen. Natürlich gibt es auch auf dem Lande Erwerbsmöglichkeiten, man achte auf Läden mit crashed Garden Supplies und grünem Kreuz. Colorado kifft sich reich, auch der Staat Washington fährt bereits auf dieser Schiene, in einigen anderen gibt es den Stoff bisher nur für medizinische Zwecke, in Alaska darf jeder legal einige Pflanzen päppeln.

Als Nichtraucher könnte ich mir stattdessen ein paar glücklich machende Kekse holen aber zu Zeit geht es auch noch ohne, also verlasse ich die merkwürdige Innenstadt und fahre bis Greeley wo ich auf dem Wal Mart Parkplatz übernachte, das Wetter ist mal wieder furchtbar. Am nächsten Tag recherchiere ich einen halben Tag über das Fährsystem in Süd/Ost Alaska und versuche zu entscheiden, wie ich meine Fahrradtour am besten angehe. Von wo starten, wo das Auto lassen, wo aufhören, wie lange. Bis sich ein endgültiger Plan formt, gibt es noch viel zu überlegen.

Ich überfahre die Grenze nach Wyoming und suche im Pawnee Grassland, welches als geschütztes Gebiet eingezeichnet ist einen Übernachtungsplatz, leider ist vieles eingezäunt und wird als Weideland genutzt, alles ist durchweicht vom Regen, ich muss weiter fahren und lande in der äußersten östlichen Ecke des Staates unmittelbar an der Grenze zu Nebraska in Pine Bluff wo ich eine tolle Rest Area mit Toiletten und Wasser finde. Viel Gegenwind lässt Wally mal wieder zur Säuferin werden und irgendwann wechsele ich nach South Dakota. In Hot Springs stelle ich mich außerhalb an einen See, der Campingplatz ist noch geschlossen und ich bekomme doch tatsächlich Besuch von den Bullen, die mich hier weg haben wollen. Die gute alte Ausrede mit den paar Bierchen zu viel funktioniert hier noch einwandfrei.

Bereits ein paar Kilometer weiter bin ich am folgenden Tag im Wind Cave Nationalpark wo direkt hinter dem Eingang Büffel rum liegen. Der sich anschließende Custer State Park ist richtig schön, so dass ich den ganzen Tag verweile und schöne Wanderungen unternehme, in zwei Wochen wird sich ein Wildblumenmeer ausgebreitet haben und auch hier gibt es Büffel und ich sehe die hübschen Pronghorn Antilopen, zu Deutsch Gabelbock, da kommt Afrika Feeling auf. Die Prärie ist Heimat von vielen Tieren und beherbergt eine immense Zahl an verschiedenen Vogelarten, umso trauriger, dass nur noch ein Prozent der Ursprungsprärie erhalten ist, der Rest ist der Landwirtschaft zum Opfer gefallen. Bei der Fahrt aus dem Park stoße ich noch auf eine Herde Wildesel mit einigen Jungtieren. Diese sind so süß, dass die Touries sich ihnen ohne Bedenken nähern, ich möchte das Geschrei nicht hören, wenn einer von den Langohren tritt oder zubeißt. Allerdings sind sie selbst auch alles andere als zurückhaltend, keine Frage, der ein oder andere hat schon was zugesteckt bekommen und hofft auf mehr.

Zum Mount Rushmore ist es nicht mehr weit und obwohl ich mich hier im National Forest befinde, gibt es nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten. Da es sich um ein National Memorial handelt, gilt der Nationalpark Pass nicht und ich muss elf Dollar Parkgebühren abdrücken. Das angeschlossene Museum zeigt, wie die Köpfe aus dem Berg gemeißelt wurden, beeindruckend das die Positionen und Dimensionen schon mit Lasertechnik geplant wurden. 1927 begann das Projekt und alle Köpfe der vier Präsidenten Washington, Jefferson, Lincoln und Roosevelt waren erst 1939 fertig. Ich verlasse die Blackhills nachdem es anfängt zu schneien was sich in Rapid City zu einem regelrechten Schneesturm verdichtet, so dass ich mich den ganzen Tag in die Bücherei flüchte. Ich übernachte an einem Camper freundlichen Outdoorladen, der Blick aus dem Fenster am Morgen auf Schneeverwehungen ist ernüchternd. Zum Glück ist es immer noch leicht über Null und ich kann in die Stadt fahren. Die Bücherei hat gar nicht erst aufgemacht, ich verbringe eine weitere Nacht am Shop und am nächsten Morgen scheint die Sonne. Die Badlands die ich nach eineinhalb Stunden erreiche, präsentieren sich im Schnee und mit der Sonne sehr attraktiv, die Nebenpiste die ich fahren wollte ist geschlossen wegen Schnee, also wieder nach Rapid City. Ich checke die Bedingungen im Yellowstone Nationalpark, alles schneefrei, eine lange Fahrt liegt vor mir. Ich nehme zunächst den Highway, bin bald wieder in Colorado, weiter geht es nach Wyoming und finde abends im Bighorn National Forest einen guten Platz. Es geht hoch und runter über Pässe und hinter Cody, welches mal wieder eine gigantisch moderne Bücherei besitzt, geht es stramm aufwärts und ich finde vorm Parkeingang einen schönen Platz wo mich morgens ein selten dämlicher Vogel aus dem Schlaf klopft, indem er ununterbrochen auf die Seitenspiegel auf den vermeintlichen Kollegen einhämmert, so dass ich die Spiegel abdecken muss. Schnee ist ja nun wohl endgültig Vergangenheit, denke ich. Ich nehme den Nordost Eingang und befinde mich damit im äußersten Norden des Parks. Eine unglaubliche Zahl an Büffeln macht sich entlang meines Weges über das sprießende Grün her. Die kleineren, sehr einfachen Campingplätze sind leider noch geschlossen. In Marmoth Hot Springs fahre ich die paar Meilen aus dem Park und übernachte nett auf einer Rest Area am Fluss.

Zurück im Park geht es nach Süden und endlich sehe ich eine Mutter Herde mit ihrem Nachwuchs direkt an der Straße, einfach toll. Ich laufe das sich riesig ausdehnende Geothermalgebiet ab und bin abends am Old Faithful der ca. alle zwei Stunden seine beeindruckende Fontäne in den Himmel spukt. Mitte Mai Platz auf einem der Campingplätze zu finden ist kein Problem und somit zahle ich diese Nacht die sechsundzwanzig Dollar, zumindest ist das Klo beheizt. Es fängt am zu regnen, Schock am Morgen, alles ist verschneit, es sind leichte Plusgrade so das ich mich langsam auf den Weg mache Richtung Madison zum Grand Canyon of the Yellowstone, derweil schneit es immer weiter, die Füße sind bald mal komplett nass. Weiter geht es Richtung Tetons, dort lässt der Schnee endlich nach und verschwindet dann ganz. Die nächsten Tage hüllen sich die Berge des Teton Nationalpark leider in Wolken. Trotzdem man hier Mitte Mai noch mit solchem Wetter rechnen muss, würde ich aufgrund der sich hier in der Hauptsaison tummelnden Menschenmassen immer wieder diese Jahreszeit wählen oder im Sommer wieder kommen und mir ein Backcountry Permit besorgen. Yellowstone, ältester Nationalpark der Welt (1872) und Ikone der US Parks ist sehr zwiespältig da mittlerweile fast zu Tode geliebt und trotzdem für die meisten Besucher zu Recht ein absolutes Highlight. Durch Ranchland geht es Richtung Süden, noch nie habe ich so viele Pferde gesehen wie im Cowboyland Wyoming. Meine Sehnsucht nach Wärme und trockenem Klima ist groß.

Einige Tage später bin ich zurück in Utah und weil es mal wieder auf dem Weg liegt, darf Kanab und die Lotterie natürlich nicht fehlen. Zwei vergebliche Versuche später mache ich mich auf in den Zion National Park, dummerweise ist langes Wochenende was aber nicht allzu schlimm ist, da hier in der Saison keiner mit eigenem Wagen in das enge Tal darf und Shuttle Busse eingesetzt werden. Ich warte bis Anfang der Woche, radel mit dem Fahrrad durch das Tal und laufe den Mesa Trail der hoch hinauf geht und gigantische Aussichten bietet.

In St.George überlässt mir ein Fahrradladen den für den Flug benötigten Fahrrad Karton und bald bin ich zurück in Las Vegas bzw. am Lake Mead wo mittlerweile die vierzig Grad Marke gesprengt wird. Ich suche noch einmal den Schweißer auf der letztes Mal keine Zeit hatte und diesmal klappt es. Sie machen einen super Job und das Thema Ersatzradhalter sollte nun endgültig erledigt sein. Ich habe mich mal wieder auf dem Las Vegas Bay Campground installiert und bin überrascht, dass Karola und Hans noch in Vegas sind, allerdings eher unfreiwillig. Sie kommen für eine Nacht raus auf den Platz bevor sie der heißen Spielhölle endgültig den Rücken kehren. Auch ich mache mich einige Tage später auf, um Wally bei der mir bereits bekannten Werkstatt in Los Angeles zurück zu lassen und in den Flieger nach Seattle zu steigen.